natürlich GESUND
Samstag, 10.05.2008      





Mit Spinnen, Schlangen und Skorpionen gegen den Krebs

Krebserkrankung – das bedeutet für die Betroffenen oft ein Leben zwischen Hoffen und Bangen. Wichtig dabei ist, den Lebensmut nicht zu verlieren. Brunhilde Schazmann kennt diese Situation seit mehr als fünf Jahren. Bei der lebhaften 63-jährigen Frau aus Überlingen am Bodensee war im Juni 2000 erstmals ein Nierenzellkarzinom diagnostiziert worden.

Niere und Nebenniere wurden umgehend operativ entfernt, ebenso einige Lymphknoten. „Neun Tage nach der Operation kam der Oberarzt zu mir und sagte, Frau Schazmann, feinhistologisch ohne Befund. Sie sind gesund.“ Doch die Freude darüber währte nur kurz. Zwei Jahre später stellt Brunhilde Schazmann eine Veränderung an ihrer linken Brust fest. Die Diagnose: Brustkrebs. Im September 2002 wird Brunhilde Schazmann operiert. „Nach der Operation kam der Schock für mich. Denn die Ärzte haben auch zehn Lymphknoten mit herausgenommen – und es hat sich herausgestellt, dass einer davon mit Krebszellen befallen war.“

Die Ärzte rieten zu einer Chemotherapie. Brunhilde Schazmann freute sich anfangs auf diese Behandlung, sah sie als einen wichtigen Schritt zur Überwindung ihrer Krebserkrankung an – doch sie durchlebte anschließend eine schreckliche Zeit. „Die Chemotherapie war eine Qual für mich, meine Schleimhäute waren entzündet, ich konnte kaum mehr essen. Selbst Wasser habe ich nur noch mit dem Teelöffel zu mir genommen. Außerdem habe ich alle Haare verloren. Brunhilde Schazmanns Schleimhäute waren schwer geschädigt, sie blutete häufig aus Nase und Mund. Ihre Knochen wurden brüchig. Sie fühlte sich regelrecht „entfraut“ - und sie wurde schwächer und schwächer. Am 6. Juni 2003 dann der letzte Chemo-Termin, anschließend folgte noch eine Hormonbehandlung. Allmählich besserte sich Brunhilde Schazmanns Zustand. Ihre Familie, ihr Mann Klaus (heute 67) und ihr Sohn Peter (heute 23), sie hielten zu ihr, waren Stütze und Beistand.

Doch dann, als sich Brunhilde Schazmann auf dem Weg der Besserung wähnte, kam der nächste Schock: Aufgrund eines unklaren Schmerzes lässt sich Brunhilde Schazmann gründlich untersuchen. Am 10 Mai 2004 erfährt sie das niederschmetternde Ergebnis: Lungenkrebs. „Ich habe gesagt, ich höre sofort auf mit dem Rauchen, doch der Onkologe sagte mir, ich könne ruhig weiter rauchen. Ich fragte ihn, wie lange ich noch zu leben hätte. Er sagte, vermutlich ein Jahr oder ein bisschen mehr. Für mich war das das Ende, als wären mir die Beine weggezogen worden. Schlimme Erinnerungen wurden wach. Mein Vater ist an Lungenkrebs gestorben, ebenso mein Bruder.“

Am 7. Juni 2004 um 10:30 sollte die heute 63-jährige auf Station 7 in der Lungenfachklinik in Wangen zu einer Mammut-Operation antreten. Doch Brunhilde Schazmann hat sich gegen den Eingriff entschieden. Sie glaubte nicht daran, dass ihr die Operation wirklich helfen könnte, sie hatte auch keine Kraft mehr, sich nochmals den Qualen einer Chemotherapie zu unterziehen. Deshalb traf sie – in Absprache mit ihrem Hausarzt - eine ungewöhnliche Entscheidung. Statt den Weg der Schulmedizin zu gehen, setzte sie auf eine Substanz, die als Arzneimittel noch nicht zugelassen ist, die im Rahmen eines ärztlichen Heilversuchs jedoch eingesetzt werden kann – ein spezielles Enzymcocktail, gewonnen aus Tiergiften, das Krebszellen abtöten kann. Eine Entscheidung, die Brunhilde Schazmann bislang nicht bereut hat. „Mir geht es heute blendend, ich habe keinerlei Einschränkungen mehr, ich fühle mich wie 35 und kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich Krebs habe“, berichtet sie begeistert. , der sich in Arbeiten für Universitäten in Südafrika, Kasachstan, Italien und in der Ukraine mit den Giften der Sandrasselotter und der Einsiedlerspinne auseinander gesetzt hat. Doch seine Inspiration erhielt der Wahlmünchner nicht in Universitätsvorlesungen, sondern durch die Beobachtung der Natur. Bereits mit neun Jahren interessierte er sich für Skorpione und beobachtete deren Verhalten, mit elf kaufte er sich die erste Vogelspinne.
Nach Erfolgen in Wettbewerben wie „Schüler experimentieren“ und „Jugend forscht“ befasste er sich im Alter von 18 Jahren – nachdem er eine labortechnische Ausbildung absolviert hatte - intensiv mit der Wirkung von Tiergiften. Mittlerweile hat Dr. Dirk Weickmann – der die Tiere regelrecht melkt und die Giftsubstanzen mit Kanülen, Kapillaren oder sterilen Wattestäbchen gewinnt - insgesamt 28 Patente zur medizinischen Verwendung tierischer Wirkstoffe eingereicht. Der Gifttier-Experte ist überzeugt davon: In der Apotheke der Zukunft haben tierische Gifte und Wirkstoffe einen gewichtigen Platz. „Von den etwa 250 beschriebenen Krebsarten können wir derzeit bereits sechzehn gut und fünf akzeptabel mit aus Tieren gewonnen Wirkstoffen erfolgreich bekämpfen. Ich bin sicher, dass wir bereits in naher Zukunft auch Wirkstoffe gegen weitere Krebsarten haben werden. Es gibt weltweit über verschiedene 30.000 Spinnenarten, die zellzerstörende Substanzen haben, da hat garantiert nicht jede ein Mittelchen, aber das Potenzial, das darin steckt ist gigantisch. Deshalb bin ich überzeugt davon: Tiergifte mit ihren zellzerstörenden Substanzen werden im Kampf gegen Krebs die bedeutendste Rolle spielen.“

Tiergifte können Menschen nicht nur umbringen, sondern – richtig kombiniert – Krebszellen gezielt und punktgenau töten. Zum Beispiel eine Substanzkombination aus dem Gesamtgiftcocktail von Spinnen aus der Familie Sicariidae (Sechsaugenkrabbenspinnen, die tödlichsten Spinnen der Welt, und Einsiedlerspinnen). Im Versuch an nativen Zellkulturen hat Weickmann Gift-Enzym-Kombinationen herausgefiltert, die bei kleinzelligem Bronchialkarzinom, primären Lebertumor, Brustkrebs und Nierenzellkarzinom Tumorzellen zerstören können – und das ohne gravierende Nebenwirkungen. Ein Verfahren, für das am 29. September vorletzten Jahres vom Europäischen Patentamt in München das Patent Nummer 1244462 erteilt worden ist.

Doch das, davon ist Dr. Dirk Weickmann überzeugt, ist erst der Anfang. Eine weitere Patentanmeldung befasst sich mit Substanzen aus dem Mundsekret von Kleinwaranen - unter anderem australischen Stachelschwanz- und Gillenwaranen, die gegen bestimmte Formen von Brust-, Eierstock- und Gebärmutterkrebs bereits im ärztlichen Heilversuch mit Erfolg eingesetzt wurden. Und nicht nur Spinnen, Schlangen und Warane können Tumor-Killer liefern. Auch griechische und maurische Landschildkröten besitzen Wirkstoffe, die gegen Krebs erfolgreich sind – und zwar bei Prostatakarzinom.

In den letzten Jahren wurden von Dr. Weickmann herausgefilterte Gift- bzw. Wirkstoffkombinationen im Rahmen zulässiger ärztlicher Heilversuche bei etwa 1000 Patienten eingesetzt. In den allermeisten Fällen mit großem Erfolg. Vor zwei Jahren wurde nun erstmals eine klinische Studie begonnen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Zulassung eines Arzneimittels, mit der, so Dr. Weickmann, in etwa sieben bis zehn Jahren zu rechnen sein wird: Im Ocean Road Cancer Institut (ORCI) in Tansania sollen dreißig Brustkrebspatientinnen regelmäßig mit Substanzen behandelt werden, die aus dem Mund einer bestimmten Waranart gewonnen werden.

Dr. Dirk Weickmann ist nicht der einzige Wissenschaftler, der an der medizinischen Verwendung von Tiergiften arbeitet. Einem englischen Tropenarzt fiel bereits in den 60er Jahren auf, dass das Gift der Malayischen Grubenotter (Calloselasma rhodostoma) gerinnungshemmende Substanzen enthält. Später isolierten Wissenschaftler aus dem Ottergift die Substanz Ancrod, die als Blutverdünnungsmittel eingesetzt werden kann. Die Forschungen dazu sind aufwendig, denn das Schlangengift ist rar. Nur 50 Milligramm Sekret gibt die Schlange ab, wenn sie „gemolken“ wird. Ein Wirkstoff aus dem Gift einer südamerikanischen Lanzenotter (Lachesis muta) wiederum wird bereits seit Anfang der 80er Jahre zur Blutdrucksenkung eingesetzt, ein Medikament, das aus dem Gift der Kegelschnecke (Conus spp.) gewonnen wird, soll in den USA demnächst als Schmerzmittel zugelassen werden.
Die US-Firma TransMolecular wiederum forscht an ähnlichen Einsätzen wie der Giftforscher Dr. Dirk Weickmann: aus dem Gift des gelben Skorpions gewonnene Substanzen sollen gezielt bei Hirntumor eingesetzt werden.

Ein Vorgehen, das auch Dr. Dirk Weickmann, der bereits Ende der 80er Jahren mit der Analyse von Spinnen- und Schlangengiften begann, für sinnvoll hält. Auch er hat im Zellversuch Giftcocktails entdeckt, die zahlreichen Hirntumor-Patienten geholfen haben. Die Besonderheit dieser Therapie: Der Giftcocktail wirkt so gezielt, dass die gesunden Zellen intakt bleiben und lediglich die Tumorzellen paralysiert werden. Deshalb hat die Behandlung erheblich weniger Nebenwirkungen als Chemo- oder Strahlentherapie.

Um einen Giftcocktail zu erstellen und um die Selektivität des Giftcocktails zu erreichen, kombiniert Weickmann die toxischen Substanzen mit Enzymen, die eine bessere Aufnahme und einen rechtzeitigen Abbau der Toxine ermöglichen. Das zellzerstörende Toxin und das Durchdringungsenzym wirken gewissermaßen Hand in Hand. „Ich bin sicher, dass Tiergift als Medizin von Morgen Zukunft hat. Bisher haben sich die Wissenschaftler zu sehr darauf konzentriert, Gegengifte zu entwickeln, statt sich die Substanzen nutzbar zu machen. Dazu kommt: Aus meiner Sicht ist wird die Medizin der Zukunft ohnehin eine Medizin sein, die direkt auf den einzelnen Patienten zugeschnitten wird, eine Individualtherapie oder Individualmedizin. Tierische Wirkstoffe können dafür eine perfekte Basis dafür bilden, weil sie selektiv und gezielt auf bestimmte Keime, Zellen oder Nervenstränge einwirken können“, beteuert Dr. Weickmann, dessen Forschungsgruppe ABiTec in Deutschland unter anderem mit der Münchener Toximed GmbH und mit der Firma Asiotus kooperiert. Das Potenzial erscheint gewaltig: allein in den gemäßigten Zonen der Erde kommen rund 1500 verschiedene Skorpionarten vor, zudem gibt es circa 35000 Webspinnenarten – und fast alle davon produzieren ein spezifisches Gift.

Tiergift im Kampf gegen Krebs, ein Erfolg versprechender Forschungsansatz, der allerdings noch ganz am Anfang steht. Erstaunlich ist jedoch, dass die Behandlung im Rahmen zulässiger ärztlicher Heilversuche in vielen Fällen auch dann das Tumorwachstum gestoppt hat, wenn Patienten schulmedizinisch austherapiert waren. Ein Beispiel ist der inzwischen 12-jährige Yannic Fuchs aus dem fränkischen Gunzenhausen, dem die Ärzte im Juni 2000 keine Überlebenschance mehr geben wollten. Yannics Mutter, die mit ihrem Sohn, der an einem Gehirntumor leidet, im Krankenhaus war, erinnert sich noch genau an das Gespräch mit der Ärztin. „Die Onkologin hat gesagt, der Tumor ist größer geworden und er wächst weiter. Bleiben Sie hier im Krankenhaus. Ihr Sohn bleibt am Schmerztropf, damit er nicht unnötig leiden muss. Mehr kann man nicht mehr machen“, berichtet die 45-jährige Gabriele Fuchs. „Ich habe dann gesagt, wenn Sie das so einschätzen, dann gehe ich mit ihm heim. Ich will nicht im Krankenhaus bleiben, bis er gestorben ist. Wenn er sterben muss, dann kann er auch daheim sterben.“

Nachdem sie das Nürnberger Krankenhaus im Sommer 2000 verlassen hatte, war Gabriele Fuchs mit ihrem damals 7-jährigen Sohn nach München gefahren. Dort hatte sie eine Ärztin kontaktiert, die auf die Tiergift-Therapie setzte. „Ich hatte davon in der Zeitung gelesen und dachte, das probieren wir jetzt einfach. Wir haben nichts zu verlieren, entweder es hilft oder er stirbt sowieso“, erklärt Gabriele Fuchs. Mit Unterstützung der Elterninitiative krebskranker Kinder suchte sie sich in München ein Zimmer. „Ich musste Yannic hineintragen, er konnte nicht mehr alleine laufen. Ich habe dann sofort die Ärztin angerufen, sie ist vorbeigekommen und hat die Substanzen gleich mitgebracht. Sie sagte, probieren wir es erst unter der Haut um zu sehen, ob er allergisch reagiert.“ Als sichergestellt war, dass Yannic die Therapie vertragen würde, hat die Ärztin gleich am nächsten Tag mit der Behandlung begonnen. „Mit Yannic ging es daraufhin schnell wieder bergauf – im August ist er bereits wieder gelaufen und mit mir spazieren gegangen“, freut sich Gabriele Fuchs.
Im Januar 2001 – bei der nächsten Kontrolluntersuchung – dann die schier unglaubliche Nachricht: Die CT hat ergeben, dass der Tumor, der Yannics Kopf früher fast zum Platzen gebracht hätte, nur noch halb so groß ist wie zu Beginn der Behandlung. „Das war wunderbar, die Schreckenszeit für unsere Familie war endlich vorbei. Das Gefühl, das ich damals hatte, kann ich bis heute nicht in Worte fassen“, sagt Yannics Mutter. Die 45-jährige ist überzeugt davon – das Spinnengift hat ihrem Sohn, der auch heute noch wohlauf ist und weiterhin mit einem Spinnengiftcocktail behandelt wird, das Leben gerettet.

Der Einsatz von tierischen Wirkstoffen, davon ist der Biochemiker Weickmann überzeugt, wird die Krebstherapie revolutionieren – aber künftig auch weit über die Onkologie hinausgehen. „Tiergifte sind auch in der Lage Mikroorganismen abzutöten, darunter auch Krankheitserreger. Deshalb ist auch ein Einsatz gegen Hepatitis, Aids, Grippe und ähnliches denkbar“, beteuert Dr. Weickmann, der bereits ein Patent für die Behandlung von HIV-Infektionen eingereicht hat, das einen Wirkstoff schützen soll, der aus dem Mundsekret von Echsen der Familie Lacertidae bzw. Scincidae gewonnen wird.

Text:
Rainer Heubeck
Platenstraße 26
D- 91522 Ansbach
Weitere Infos:
www.dirkweickmann.de
www.dirkweickmann.com
www.toximed.info
www.asiotus.com
www.abitec-home.de

aus Natürlich GESUND - 10. Jahrgang - Nr. 6 - Juni 2006

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