natürlich GESUND
Donnerstag, 24.05.2007


Die Birke - Baum des Anfangs


Sicherlich würden viele Menschen, wenn man sie nach dem Baum fragen würde, der für sie den Frühling symbolisiert, die Birke nennen und sich dabei das strahlende Grün der jungen Blätter vorstellen und dazu einen blauen Frühlingshimmel ...

Von je her war der Frühling die Zeit des wiedererwachenden Lebens und des Neubeginns. Unsere Vorfahren in vorchristlichen Zeiten hatten die Vorstellung einer Vegetationsgöttin, die sich in jeder Jahreszeit in anderer Form zeigt und die sich im Winter unter die Erde und in die Unterwelt zurückzieht, um im Frühjahr als junge Frau, genannt Brigit oder Birgit, wieder auf die Erde zurückzukehren, um die schlafenden Samen zu wecken, das Grün keimen und die Säfte wieder fl iessen zu lassen. Der Tag der Brigit war der 2. Februar, der Tag, an dem die Katholiken bis heute Mariä Lichtmess feiern, und alle spüren, dass die Tage wieder spürbar länger werden. Auch der keltische Baumkalender begann am 2. Februar und der „Baum des Anfangs“, der auch der Frühjahrsgöttin Brigit zugeordnet war, war die Birke.
   Nicht nur ihr leuchtendes Aussehen macht sie zu einem hoch geschätzten Baum, sondern auch die Vielfältigkeit ihrer Gaben: „Nierenbaum“, so wird die Birke (lat. Betula) auch genannt, und so, wie die Birke als Baum einen sehr engen Bezug zum Wasser hat, so ist ihre medizinisch wichtigste Wirkung auch die auf den menschlichen „Wasserhaushalt“. Birkenblätter zählen zu den „Aquaretika“, zu den Heilpfl anzen, die für eine „Durchspülung“ des Körpers eingesetzt werden können. Sie enthalten Flavonoide, Saponine, ätherisches Öl, Gerbstoffe, Bitterstoffe, Kalium, Calcium, Vitamin C. Birkenblätter (als Tee, Saft, Präparat) wirken anregend auf die Nierenfunktion, harntreibend, harndesinfi zierend, entwässernd, stoffwechselfördernd und entgiftend.
   Mit ihren gleichzeitig entzündungshemmenden Eigenschaften eignet sich die Birke damit zur Behandlung von Erkrankungen der ableitenden Harnwege, bei Nierenfunktionsschwäche und Nierengriess, zur Verhütung von Harnsteinbildung ebenso wie zur Unterstützung der Behandlung von rheumatischen Beschwerden, Gicht und Hautkrankheiten. Birkenblätter haben keine nierenreizende Wirkung, auch in der länger andauernden Behandlung nicht, und auch eine gleichzeitige Ausschwemmung von Mineralsalzen konnte nicht festgestellt werden. Ihre stoffwechselfördernden, entwässernden, entgiftenden Eigenschaften machen die Birke – ebenso wie die Brennnessel z.B. (Natürlich Gesund 1/06) – zu einer der Pfl anzen, die sich für eine Frühjahrskur, Entschlackungskur oder Reduktionsdiät eignen, als vorsorgende Massnahme für Gesundheit und Schönheit und um die eigenen Energien wieder zu „mobilisieren“.
   Immer ist bei „Birkenkuren“ darauf zu achten, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen – lieber mehr als weniger, wie übrigens bei allen Therapien oder Kuren mit stark stoffwechselanregenden Pflanzen!
   Und: Eine solche „Durchspülungstherapie“ darf nicht durchgeführt werden bei Ödemen in Folge eingeschränkter Herzoder Nierentätigkeit, da hier eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme vermieden werden muss.
   In der Volksheilkunde werden frische Birkenblätter auch äusserlich als Aufl agen verwendet, bei Gelenkschmerzen und zur Wundheilung. „Auch bei Rheumatismus (auch äusserliche Einhüllung der Gelenke in frische Birkenblätter, die mehrere Tage liegen bleiben, oder Vollbad mit Absud von frischen Birkenblättern) wird Betula sehr häufi g gegeben“ (Madaus, Lehrbuch der biologischen Heilmittel, 1938). Durch Destillation von Zweigen und Rinde wird Birkenteer und Birkenöl („Juchtenöl“)gewonnen; Birkenteer wird eingesetzt zum Öffnen von Abszessen und das Öl, in Salben verarbeitet, bei Schrunden, Hornhaut und rheumatischen Beschwerden.
   Bei den Indianern Nordamerikas wurde die Birke in noch viel grösserem Mass für Heilzwecke eingesetzt als bei uns: Neben den oben beschriebenen Anwendungsformen wurde das im Herbst geschlagene Holz verbrannt und geräuchert zur Desinfektion (z.B. in Quarantänebehausungen); Birkenasche wurde zur äusserlichen Behandlung von bakteriellen Hautkrankheiten verwendet; die Früchte wurden geröstet und inhaliert bei Infektionen der Atemwege; Wurzelpulver wurde hergestellt zur Mundspülung; aus verschiedenen Teilen der Birke wurden Öle destilliert .... und vieles mehr. Immer mussten Erntezeitpunkte, Standort, Zubereitung beachtet werden – eine sehr weit entwickelte Form der „Baumheilkunde“! (ausführlicher nachzulesen bei: H.J. Stammel: Die Apotheke Manitous, rororo- Sachbuch)
   Aber, auch wenn hier natürlich die gesundheitsfördernden Wirkungen der Birke im Vordergrund stehen, so sollen doch alle die anderen guten Eigenschaften und Fähigkeiten der Birke zumindest aufgezählt werden: Die Zweige geben wunderbare (Hexen-)Besen; Birkenrinde ist wasserundurchlässig und eignet sich (sozusagen als „Teerpappenersatz“) zum Abdichten von Dächern und Balken, zum Herstellen von (Indianer-)Booten und Gefässen („Ötzi“ hatte vor 4000 Jahren schon einen Becher aus Birkenrinde bei sich) aber auch für wasserdichte Kleidungsstücke; die Innenrinde kann gekocht („Trapperspaghetti“) oder zu Mehl verarbeitet und verspeist werden; das Holz wird verarbeitet zu Holzschuhen, Trögen, Löffeln, Kellen, Schüsseln, ausserdem brennt Birkenholz sogar im nassen Zustand; mit Birkenteer wird Leder gegerbt, Herrenparfüm aromatisiert und sogar als Druckerschwärze eignet es sich; aus Birkenharz ist der vermutlich älteste Zahnpfl ege-Kaugummi der Welt hergestellt worden; mit Birkenblättern lassen sich Wolle, Seide oder auch Ostereier färben; und, wenn die Rinde in ganz feinen Scheiben abblättert, dann kann man auch heute noch, im Zeitalter der emails und SMS ganz besonders wertvolle Briefe darauf schreiben …

Anwendung

Durchspülungstherapie: 1TL getrocknete oder 1EL frische Birkenblätter auf eine Tasse heisses Wasser, 15 Minuten zugedeckt ziehen lassen, mehrere Tassen täglich warm trinken, bis zu einem Liter/ Tag; 3–6 Wochen lang.
   Gerne auch in Teemischungen, je nach Beschwerden, z.B. mit Goldrute und Schachtelhalm bei Harnwegsinfekten oder mit Brennnesseln, Löwenzahn, Veilchenblüten, jungen Schafgarbeblättern und Gänseblümchenblüten zur Frühjahrskur. (Die Teemenge: 1 TL bzw. 1 EL/Tasse erhöht sich nicht bei Mischungen!).
   Fertigpräparate bei den o.g. Indikationen
   Tee äusserlich als Bad bei rheumatischen Beschwerden, als Bad, Waschung oder Auflage bei Hautkrankheiten, als Fussbad bei übermässigem Fussschweiss und als Bestandteil von Haarwasser.
   Umschläge mit frischen Birkenblättern bei Gelenkschmerzen
   „Birkensaft“: Im Frühling, bevor die Blätter gebildet werden, können Birken „angezapft“ und so der Saft der Birken gewonnen werden. Bitte nur mit entsprechender Vorerfahrung und Erlaubnis des Besitzers durchführen! (vergl. dazu: B.Vonarburg: „Natürlich gesund mit Heilpfl anzen“). Dieser zuckerhaltige Birkensaft gilt als eine Art natürliches „Lebenselexier“, er wird am besten im Frühjahr frisch genossen, wirkt stoffwechselanregend und reinigend, blutbildend, stärkend und vitalisierend. Äusserlich wird er als Gesichtswasser und Haarwasser verwendet.

Frische junge Blätter als Beigabe in Salat oder Kräuterquark
   Birkenöl: als Salbe verarbeitet, bei Schrunden, Hornhaut und rheumatischen Beschwerden
  . Birkenteer: zum Öffnen von Abszessen



Text: Ursula Bertsch, Hansjakobstr. 136,
D-79117 Freiburg, www.ursula-bertsch.de


aus Natürlich GESUND - 10. Jahrgang - Nr. 2 - April 2006


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