Natürliche Hilfen bei akuten Verletzungen
Wer kennt das nicht: ein Schnitt in den Finger mit dem Küchenmesser, beim Stolpern das Knie aufgeschürft, der Kopf schlägt an eine Kante und es entsteht eine „Beule“ – der Alltag bietet viele Gelegenheiten zu Wunden und Verletzungen.
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Ringelblume |
Eine ganze Reihe an Heilpflanzen entfalten keim- und entzündungshemmende und wundheilungsfördernde Wirkungen, können die Abheilung in allen Phasen unterstützen und haben sich wegen ihrer guten Wirksamkeit bei gleichzeitiger Nebenwirkungsarmut sehr bewährt.
Die wichtigsten Heilpfl anzen in der Wundbehandlung sind Blutwurz, Hirtentäschel, Kamille; Ringelblume und die Zaubernuss.
Leichtere Verletzungen heilen meist von selbst; ein Pflaster als Schutz (und bei Kindern ein paar Trostworte dazu) oder eine feucht-kalte Auflage zum Abschwellen kann genügen. Schwerere Verletzungen (stark blutende Wunden, Splitter die sich nicht entfernen lassen, nicht bzw. schlecht heilende Wunden mit klopfenden Schmerzen, bläulichem Aussehen oder rotem Strich, von der Verletzung Richtung Herz ziehend) müssen ärztlich behandelt werden. Zusätzlich sollte der Tetanusschutz überprüft werden!
Kleinere Wunden lässt man an der Luft trocknen. Schürfwunden sind besonders schmerzhaft, weil sie Millionen von Nervenendigungen freilegen, die Schmerzimpulse zum Gehirn senden. Grössere Wunden bekommen einen Wundverband, um die verletzte Stelle vor erneutem Verschmutzen zu schützen und um das Wundsekret zu absorbieren.
Die früher übliche Jodtinktur sollte man nicht mehr verwenden, weil Jod das freiliegende feine Gewebe mit der schutzlosen Haut zu stark reizt.
Bei offenen, blutenden Wunden kommt der Blutfluss normalerweise innerhalb von ca. 3 Minuten zum Erliegen. Am besten Sie greifen möglichst wenig ein, sorgen dafür, dass die Wunde sauber bleibt und sich selbst reinigt, d.h. Sie lassen die Wunde ausbluten. Oder Sie führen, gerade bei sichtbar verschmutzten Wunden eine behutsame Wundreinigung durch (mit 1:5 verdünnter Calendulaessenz bzw. lauwarmem Heilpflanzentee mit Kamille, Eichenrinde oder Ringelblume), die Sie lauwarm in weichem Strahl über die Wunde fliessen lassen. Bei stärkerer Blutung wählen Sie Hirtentäschel tinktur (1 TL Tinktur auf 1 Tasse lauwarmes Wasser). Nehmen Sie keine Arnikatinktur bei offenen Wunden: das kann Reizungen oder allergische Reaktionen verursachen und wirkt blutungsfördernd.
Bei grösseren, tieferen Schnittwunden können die Ränder (bei glattem Wundrand) durch einen einfachen Heftpflasterverband zusammen gehalten werden: die Wundränder ca. 10 min. lang zusammendrücken und dann einen Wundverband anlegen. Ist dies nicht möglich, muss innerhalb von 8 Stunden genäht werden, weil sonst die Gefahr besteht dass Bakterien eindringen und die Wunde später eitert. Insgesamt fördert das Warmhalten der Wunden die Durchblutung und damit die Heilung.
Nässende Wunden „trocknet man aus“ mit feuchten Auflagen zusammenziehender, gerbstoffreichen Heilpflanzen- Tees (Eichenrinde, Kamille, Zaubernuss). Anschliessend können Sie Wundheilsalben dünn auf die Wundränder auftragen (fetthaltige Salben nie direkt auf die Wunde streichen, das schliesst die Verletzung luftdicht ab, verhindert so das Ablaufen von Wundsekret und schafft ein Milieu, in dem Krankheitskeime wachsen und gedeihen; auch kein Puder, das verklumpt mit dem Wundsekret!).
Wenn es zu einer Infektion kommt (Fieber, Eiter, Schwellung, Schmerz, starke Rötung) steht die Behandlung der Infektion im Vordergrund. Wundheilpflanzen wie die Kamille, Ringelblume oder Blutwurz sind gleichzeitig natürliche Antibiotika, die in der Wundbehandlung genutzt werden können, manchmal aber haben Heilpflanzen keine ausreichende Wirksamkeit und werden lediglich unterstützend eingesetzt. Im Zweifelsfall immer ärztlichen Rat zuziehen! Am besten die Wunde behutsam spülen oder baden mit Ringelblumen -, Kamillen- oder Zaubernusstee bzw. mit einer Tee-Kompresse bedecken; gut trocknen lassen und dann den Verband anlegen!
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Sonnenhut |
Liegt eine schlecht heilende Wunde mit gestörter Heilungstendenz vor, muss die Wunde warm gehalten werden, das verbessert die Durchblutung und senkt das Infektionsrisiko; und sie darf nicht austrocknen: feuchte Wunden heilen schneller und besser! Dazu legen sie eine aus quellfähigen Fasern bestehende Wundauflage (Apotheke: hydroaktive Wundauflage) an: diese verkleben nicht mit dem heilenden Gewebe, können viel Sekret aufnehmen und die Wunde wird beim Verbandswechsel nicht jedes Mal neu geschädigt. Das wird als „feuchte Wundbehandlung“ bezeichnet. Abgestorbenes Gewebe sollte (fachkompetent!) entfernt werden; das ist zwar schmerzhaft, aber durch die dabei entstehende Blutung werden Wachstumsfaktoren freigesetzt, die die Gewebsneubildung anregen. Echinacea- Tinktur beschleunigt die Wundheilung (Aktivierung der Fibroblasten zur Bildung von Hyaluronsäure, die ein wichtiger Bestandteil der Grundsubstanz des Bindegewebes ist, die Bildung von neuem Bindegewebe fördert und die Entwicklung neuer Blutgefässe und Nervenzellen unterstützt): 3mal tgl. 25 Tropfen 3 Tage lang einnehmen, 4 Tage lang Pause; diesen Zyklus 2-3mal wiederholen.
Bei schlecht heilenden Wunden sollte man auch auch an Vorerkrankungen denken und bei Bedarf den Vitaminspiegel ausgleichen: Vitamin A (bzw. Betacarotin) sorgt für ein starkes, reissfestes Narbengewebe. Das Antioxidans Vitamin C fördert die Bildung von Kollagen (das zähe Gerüsteiweiss der Sehnen; Knochen und des Bindegewebes) und Elastin (elastisches Gerüsteiweiss der Sehnen, Knochen und der Blutgefässe). Vitamin B1 (Thiamin) fördert die Biosynthese von Kollagen. Vitamin E ist besonders wundheilungsfördernd bei wundgelegenen Stellen (Dekubitus), diabetischen Geschwüren und Geschwürbildung nach chirurgischen Eingriffen. Das Vitamin- A-, B- und E-reiche Sanddorn fruchtfleischöl ist bei der Wundbehandlung besonders zu empfehlen und wird innerlich und äusserlich eingesetzt; zusätzlich können Sie Vitamin-C-haltige Sanddorn - und Hagebuttensäfte geniessen.
Wer therapeutisch arbeitet und Erfahrung hat in der Wundbehandlung kann bei schmierigen, schlecht heilenden Wunden auch guten Imkerhonig auf die Wunde auftragen, das hat eine osmotische, austrocknende, säubernde und keimhemmende Wirkung. Es „zieht, arbeitet“ zuerst in der Wunde und nässt stark, deshalb die Wundränder mit Ringelblumensalbe schützen und das meist reichlich ausfliessende Sekret in saugfähiges Verbandsmaterial ablaufen lassen. Anschliessend die Wunde mit lauwarmem Ringelblumentee nachspülen.
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Zaubernuss |
Heilpflanzen in der Wundbehandlung
Blutwurz : Heilfaktor Gerbstoffe
Mit ihrem Gerbstoffreichtum (bis 20 %!) in dem rot anlaufenden Rhizom wirkt die Blutwurz-Wurzel intensiv zusammenziehend, blutstillend, schmerzlindernd, wundheilungsfördernd und keimhemmend. Sie eignet sich bei stark blutenden und schlecht heilenden Wunden, leichten Verbrennungen, Erfrierungen, Zahnfleischbluten, Mundschleimhautentzündung, Wundsein der Kinder, Ausschlägen und nässenden Ekzemen.
Entweder Sie bereiten einen Tee zu (1TL (3–4 g Droge) mit 1 Tasse kaltem Wasser kurz aufkochen und sofort abgiessen, und verwenden den lauwarm abgekühlten Tee zur Wundspülung oder für eine Kompresse) oder Sie nehmen Blutwurztinktur (1:10 verdünnt) für Wundauflagen oder zum Gurgeln.
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Blutwurz |
Hirtentäschel bei oberflächlichen Blutungen
Dieser kleine Kreuzblütler ist die bekannteste Heilpflanze um oberfl ächliche Blutungen zu stillen und zwar vor allem bei oberflächlich blutenden Hautverletzungen, Nasen- und Zahnfleischbluten. Bereiten Sie einen Tee zu (1 EL (3 g Droge) mit 1 Tasse heissem Wasser übergiessen und nach 10 min. abgiessen) und nehmen ihn für Kompressen als Wundauflage, bei Nasenbluten „schnupfen“ Sie den Tee (oder die 1:10 verdünnte Tinktur) „hoch“.
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Blutwurz |
Kamille beschleunigt die Wundheilung
Die Echte Kamille ist wohl die bekannteste Wundheilpflanze, überaus wirksam und vor allem intensiv keimwidrig (u.a. gegen Strepto- und Staphylokokken, Trichomonaden, Viren und Pilze)! Sie wirkt wundheilungsfördernd, entzündungshemmend und mild schmerzlindernd, antibiotisch und immunstimulierend. Kamillenblüten lassen Wunden schneller abheilen, nässende Wundflächen schneller trocknen und verbessern die Geweberegeneration.
Sie hat sich seit Generationen bewährt bei schlecht heilenden Wunden, Hautentzündungen, Abszessen oder Furunkeln als Tee- oder Tinktur-Kompressen. Bei Nagelbettvereiterung, offenen Beingeschwüren, Hämorrhoiden oder Erkrankungen im Genitalbereich wählen Sie Teil- und Sitz- Bäder (50 g Droge auf 10 l Wasser), zur Beruhigung der Haut bei Akne Dampfbäder. Anstelle von Kamillentee (1-2 TL Kamillenblüten (2-3 g) mit 150 ml heissem Wasser übergiessen, abdecken und nach 5-10 Minuten abgiessen) können Sie auch Kamillentinktur nehmen. Besonders wirksam ist die Kombination von 1 Tasse Kamillentee mit 15 Tropfen Tinktur gemischt, dann sind alle Inhaltsstoffe optimal vertreten.
Viele lehnen die Kamille ab aus Angst vor möglichen Allergien: Allergien rufen aber fast nur Anthemis-Arten (Verfälschungen z.B. mit der Hundskamille) hervor, nicht Matricaria recutita! Kennzeichen der echten Kamille sind die duftenden, innen hohlen Blütenköpfchen im Gegensatz zur Hundskamille (Anthemis arvensis: Köpfchen innen markig gefüllt und nicht duftend).
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Ackerschachtelhalm |
Ringelblume schliesst die Wunde
Die gefüllten orangeroten Sorten der „Sonnenbraut“ enthalten besonders viel heilkräftige Wirkstoffe (Carotinoide). Im Kelch und in den Röhrenblüten sind 10-mal mehr ätherische Öle enthalten als „nur“ in den Zungenblüten, und ausserdem noch wundheilungsförderndes Allantoin. Es lohnt es sich, die Blütenköpfchen selbst zu sammeln, denn Apothekenware hält nur Blütenblätter parat! Ihre Eigenschaft, Wunden schnell und komplikationslos abheilen zu lassen macht die Calendula zu einer der bekanntesten Wundheilpflanzen. Die Ringelblume wirkt entzündungshemmend, wundheilungsund granulationsfördernd, lymphabflussfördernd, ödemhemmend, gegen Viren, Bakterien und Pilze. Calendula sorgt für einen raschen Wundverschluss und wirkt immunstimulierend.
Sie ist vielseitig einsetzbar: bei schlecht heilenden Wunden wie Quetsch-, Schlag-, Schnitt-, Biss- und Risswunden, Wundliegen, Akne, Windeldermatitis, bei Abszessen und Furunkeln, Brustdrüsenentzündung, wunden Kinderpopos, aufgeschürften Knien oder trockenen, rissigen Hände und Lippen und bei Venenentzündung, Verbrennungen und Erfrierungen.
Sie können einen Tee zubereiten (1-2 TL (ca. 1,6 g) Droge mit 150 ml kochendem Wasser übergiessen, 7 min. ziehen lassen und abgiessen), Ringelblumensalbe oder –öl verwenden (an die Wundränder, zur Narbenpflege und Nachbehandlung) oder eine Tinktur einsetzen (1-2 TL (2-4 ml) Tinktur auf ¼-1/2 l Wasser).
Zaubernuss mit Zauberkräften
In der Therapie gilt die Zaubernuss als Zauberpflanze: bei Neurodermitis wirkt sie cortisonähnlich entzündungshemmend! Verwendet werden die Blätter und die Rinde; sie wirken zusammenziehend, entzündungshemmend, örtlich blutstillend und wundheilungsfördernd, mild schmerzlindernd und juckreizstillend und bieten einen Schutz vor Zellschäden.
Verwenden Sie die Zaubernuss vor allem bei akuten und chronischen entzündlichen Hauterkrankungen mit Juckreiz und zur Wundheilung bei leichten Hautverletzungen, Abszessen, bei Sonnenbrand und Verbrennungen. Entweder als Tee (5- 10 g Blatt und Rinde auf 250 ml Wasser zu Umschlägen und Spülungen), oder Fertigpräparate (Lotionen) zum Einreiben, am besten in Abwechslung mit dem „Hamameliswasser“.
Kieselsäurespender Ackerschachtelhalm
Equisetum enthält viel Kieselsäure und wird zur unterstützenden Behandlung schlecht heilender Wunden eingesetzt; er unterstützt auch den Heilungsprozess nach einem Knöchelbruch oder Knöchelverrenkungen. Bereiten Sie einen Tee zu für die äusserliche Anwendung für Umschläge: 5 EL (10 g) Schachtelhalm über Nacht in 1 l Wasser einweichen, am nächsten Tag 30 Minuten kochen, dann abgiessen und damit sterilen Verbandsmulltränken. 2-3 x tgl. anwenden.
Text: Ursel Bühring
Freiburger Heilpflanzenschule
Zechenweg 6
D-79117 Freiburg
www.heilpflanzenschule.de
aus Natürlich GESUND - 10. Jahrgang - Nr. 3 - Mai 2006
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