natürlich GESUND
Dienstag, 22.05.2007      

Ihr Weg zu Harmonie und Lebensfreude
Ihr Weg zu Harmonie und Lebensfreude




Warum manche Menschen lieber krank bleiben


Bei der täglichen Anwendung der Psychosomatischen Energetik häufen sich mit der Zeit jene Fälle, wo die Methode an ihre Grenzen stösst. Das ist eigentlich nicht weiter verwunderlich, weil kein Verfahren hundertprozentig wirkt. Man wählt dann andere Methoden, oder kombiniert sie oder muss bedauerlicherweise irgendwann resignieren.

„Der Widerstand des Kranken gegen
den Arzt ist das Objekt der Behandlung. Das Es
wünscht durchaus nicht von vornherein gesund
zu werden. Ein Kranker will krank sein, und er
wehrt sich gegen die Genesung.“

Georg Groddeck

Doch das Erstaunliche an einigen Misserfolgen der Psychosomatischen Energetik ist, dass es häufig gar keine sind, sondern sie werden nur solche eingestuft. In anderen Fällen werden Misserfolge von den Kranken entweder mehr oder weniger willentlich herbeigeführt, oder die Angehörigen wirken als Saboteure.
Als Saboteure bezeichne ich solche Eltern, die aus unerfindlichen Gründen die Behandlung ihres Kindes abbrechen, obwohl sich in kurzer Zeit teilweise deutliche Besserungen gezeigt haben. Mir scheint es dann oft so zu sein, dass Eltern einen geheimen Krankheitsgewinn aus dem Leiden ihres Kindes ziehen und ein starkes Kind fürchten, etwa weil es ihnen zu selbstbewusst wird. Mein Rat ist deshalb, Eltern und Kinder von Anfang an gemeinsam zu behandeln, um solche unnötigen Therapieabbrüche zu vermeiden, denn wenn die Eltern von Anfang an mitbehandelt werden, kommen Abbrüche deutlich seltener vor.
Oft kommt es jedoch auch zu scheinbaren Misserfolgen, die wie erwähnt gar keine sind. So werden offensichtliche Erfolge vom Kranken nicht beachtet, weil sich bei einer genauen Befragung herausstellt, dass die Methode bereits deutliche Wirkungen entfaltet hat, dieser Erfolg aber sonderbarerweise geleugnet und vom Patienten selbst nicht registriert wird. So schreibt eine Therapeutin: „…Leider gibt es aber auch Patienten, die zum Nach-Testen kommen und behaupten, es hätte sich nichts, aber auch gar nichts geändert und das Ganze sei ja wohl doch umsonst. (Komisch, dass sie wiederkommen, um mir das zu sagen …). Und meistens erkenne ich die Patienten dann kaum wieder, weil sie eine total veränderte Ausstrahlung haben und viel selbstbewusster wirken. Ich weiss nicht recht, wie ich mit diesen Patienten umgehen soll. Sie glauben einfach nicht, dass die Methode hilft, obwohl der Erfolg sichtbar ist.“ Oft sehen solche angeblich ungeheilten Patienten schon äusserlich ganz anders aus, wirken mehr in sich ruhend und sind deutlich gelöster. Wenn man fragt, wie es mit den quälenden jahrelangen Kreuzschmerzen sei, wird vom Patienten zugegeben, die seien verschwunden, oder der lästige Schwindel sei weg. Aber insgesamt fühlten sie sich nicht besser, wird gleichwohl geklagt.
Diese Gruppe der unzufriedenen Patienten macht ungefähr 5 % aus, wenn man viele sehr neurotische Patienten hat, liegt der Anteil auch höher. Wenn man sich überlegt, was hinter dem merkwürdigen Verhalten solcher Patienten steckt, kommen mir drei Erklärungen in den Sinn. Als erstes kann es sich um eine gestörte Selbstwahrnehmung handeln, die gut erklärt, warum eine für die Umwelt erkennbare Besserung innerlich nicht wahrgenommen wird. Es kann sich um seit der Kindheit bestehende Wahrnehmungslücken handeln, die vermutlich oft familiär bedingt und regelrecht antrainiert werden, etwa wie das „Double Bind“ bei jungen Schizophrenen. Bei ihnen beobachtet man die irritierende Wirkung von einander widersprechenden Doppelbotschaften, wenn beispielsweise von Angehörigen eine verbale Fürsorglichkeit mit solcher emotionalen Kälte vorgetragen wird, dass sie der angeblichen Sorge um den Kranken völlig Hohn spricht. Solche Menschen entwickeln dann notgedrungen eine Wahrnehmungslücke, um die emotional schmerzhaften Signale ihrer Umgebung auszublenden. Wenn man nun solche Patienten behandelt, führt ihre innere Wahrnehmungslücke dazu, positive Veränderungen bei sich nicht mehr spüren zu können. Vermutlich kann eine Lösung darin bestehen, mit Hilfe eines Selbstwahrnehmungstrainings solche verschütteten Fähigkeiten wieder zu erlernen.
Eine zweite Erklärung für nicht wahrgenommene Behandlungserfolge besteht darin, dass das eigene Lebensgefühl auf ein bestimmtes Symptom fokussiert wird, etwa auf „Müdigkeit“. Für solche Menschen ist das Symptom der Müdigkeitdann geradezu überwertig und bildet das Zentrum ihrer Selbstwahrnehmung. Weil die Müdigkeit oft erst spät in einer psychoenergetischen Behandlung verschwindet, dazu die ständige Beachtung das Symptom verstärkt und es dadurch möglicherweise sogar am Leben erhält, wird die Behandlung als unwirksam empfunden, obwohl zahlreiche andere positive Veränderungen eingetreten sind.
Dann gibt es eine dritte Erklärung, der von Fachleuten als einer der wichtigsten Gründe für Therapiemisserfolge angeführt wird. Dabei hat man es mit einem unbewussten Widerstand des Patienten zu tun, wirklich gesund werden zu wollen. Man kennt diesen Widerstand bei „Rentenneurosen“, wo ein erstrebter Krankheitsgewinn in Form einer sozialen Vergünstigung verhindert, dass ein Kranker gesund werden kann. Denn wenn er gesund würde, entfiele die Rente, wodurch der Betreffende auf sein eigenes Unvermögen zurückgeworfen sein würde, etwa auf die schmerzhafte Tatsache, im gelernten Beruf nicht mehr gebraucht zu werden, oder unfähig dazu zu sein, oder sich eine neue Arbeit zu suchen, was mit grossen Anstrengungen verbunden wäre, und so fort. Stets würde dann das Symptom eine Beschämung oder Gefahr zu verhindern suchen.

Krankbleiben um Ego zu schützen

Eine andere Spielart der überwertig erlebten Symptomatik, die zum Lebensmittelpunkt geworden ist, scheint mir so gedeutet werden zu können, dass sie im Therapeuten den Entlarver wittert, dessen erfolgreiche Therapie beweisen würde, dass an der Krankheit „nicht viel dran war.“ Als Verschleisser von Dutzenden von Experten werden solche Patienten als „Koryphäenkiller“ bezeichnet. Weil sich das Ich des Kranken weitgehend mit der Krankheit identifiziert hat, ist das Therapieversagen eigentlich sein Versuch, sein durch die Therapie bedrohtes Ich zu schützen. Der Therapieversager sagt in der Sprache seiner Seele im Grunde nichts anderes, als dass es sich bei ihm, dem Kranken, um eine besonders würdige, starke Person handelt, die – in der Phantasie des Unbewussten – nicht einfach wegtherapiert werden kann. Ganz im Gegenteil beweist die Therapieresistenz die Existenzberechtigung der betreffenden Person.
Damit befinden wir uns mitten in einer grundsätzlichen Analyse des Widerstandes. Das Gesundsein wird bei solchen Kranken auch mit der Notwendigkeit verbunden, wieder auf angsteinflössende Weise eigenverantwortlich zu sein, für das eigene Glück im Leben kämpfen zu müssen, womöglich dazu bei der emotionalen Gesundung mit Gefühlen konfrontiert zu werden, die unangenehm sind. Oft ist ja der Schmerz einer körperlichen Krankheit eine bessere Alternative als seelischer Schmerz. So lange eine körperliche Krankheit quält, ist dann der verborgene Seelenschmerz ausgeblendet und in den Hintergrund gerückt. Hinzu kommt, dass Kranksein einen Krankheitsgewinn verschafft, der für viele Menschen zum Lebensmittelpunkt geworden ist. Dabei muss der Krankheitsgewinn nicht direkt geäussert werden, sondern kann sich recht subtil zeigen, etwa sich in der Schilderung des Kranken von dessen Leben so darstellen, als wäre das Kernsymptom (etwa die Müdigkeit, die Freudlosigkeit usw.) tatsächlich der Lebensmittelpunkt. Wenn man bei solchen Menschen das Kernsymptom beseitigen will, wird dieser Versuch vermutlich als existentielle Bedrohung empfunden.
Mein Rat ist, dass solche Menschen mit derartig grossen Widerständen und seelischen Problemen eine begleitende Psychotherapie brauchen. Oft entgegnen sie mir, eine Psychotherapie habe in der Vergangenheit nichts gebracht, und ein zweiter Versuch sei deshalb aussichtslos. Doch das erscheint mir deswegen kein stichhaltiges Argument zu sein, weil oft erst die Auflösung der psychoenergetischen Blockaden notwendig ist, um zu tiefgreifenden seelischen Veränderungen bereit zu sein. Man sollte deshalb bei solchen Menschen die Psychosomatische Energetik mit einer Psychotherapie kombinieren, bei sehr intellektuellen und zur Rationalisierung neigenden Personen auch mit einer Körperpsychotherapie, um mehr Selbstwahrnehmung zu fördern, oder mit einer Verhaltenstherapie.
Dann möchte ich noch die Gruppe von „Anfangs-Widerständlern“ erwähnen, bei denen die Therapieabbrüche häufig wegen Formalien der Einnahme oder der Rezeptur erfolgt, etwa wegen dem Alkoholgehalt in den Tropfen der Psychosomatischen Energetik oder wegen ihrer unhomöopathisch erscheinenden Zusammensetzung. Doch diese Bedenken können schnell zerstreut werden, weil Alkohol in geringen Mengen ständig im Körper gebildet wird. Wenn man eine flache Schale Wasser mit der Tagesdosis des nächsten Tages am Vorabend zubereitet, ist ein Grossteil des Alkohols bereits verdunstet. Dazu gibt es die Medikamente in manchen Ländern auch als Globuli ohne Alkohol. Die Zusammensetzung der Medikamente erklärt sich schliesslich so, dass damit energetisch der Konflikt behandelt wird, aber nicht der Kranke, weshalb es bei der Psychosomatischen Energetik keine Arzneimittelbilder gibt. Der Konflikt saugt gewissermassen die Medikamente auf, bevor sie eine systemische Wirkung entfalten können. Kritisch ist bei einigen wenigen Patienten die Anfangsphase der Behandlung, wo etwa bei Angsterkrankungen eine kurzfristige Verschlimmerung auftreten kann. Mit rasch angstlösenden Akutmitteln wie Anxiovita® oder niedrig dosierten Allopathika kann man das Problem meist gut in den Griff bekommen.
Zuletzt möchte ich auf einen heiklen Punkt zu sprechen kommen. Bei allen schwierigen Arzt-Patienten-Beziehungen spielen natürlich auch unbewusste Projektionen und Interaktionen auch des Therapeuten eine Rolle, die Michael Balint in speziellen ärztlichen Selbsterfahrungsgruppen zum Thema gemacht hat. Häufig ist der Arzt selbst in irgendeiner Weise am schwierigen Verhältnis zu seinem Patienten beteiligt, etwa durch eigene Ängste, durch unbewusste moralische Verurteilung eines Patientenverhaltens und dergleichen. Durch Bewusstwerdung solcher Mechanismen können schwierige Arzt-Patienten-Verhältnisse entkrampft und normalisiert werden.
Ein tragisches Beispiel für eine gestörte Arzt-Patienten-Beziehung möchte ich wegen ihrer Wichtigkeit erwähnen. Sie beruht auf einer Fehlinterpretation bestimmter Botschaften des gegenüber, bei der es um die Liebe als emotionale Währung zwischen Menschen geht. Wer etwa in seiner Familie als Kind gelernt hat, dass er nur umsorgt und beachtet wird, wenn er krank ist, kann solche Verhaltensweisen später im Erwachsenenleben beibehalten, oder in Form einer Regression wieder darauf zurückfallen, wenn er in besonders schwierige Lebensumstände gerät. Die Botschaft „ich bin krank“ lautet dann übersetzt in Wirklichkeit: „Liebe mich, umsorge mich, pflege mich“, hat also einen unbewussten Appell zum Inhalt, der natürlich beim Therapeuten eine ganz andere Botschaft auslösen kann, etwa: „Als Therapeut bin ich nichts wert, werde nicht geschätzt und geliebt, wenn ich versage.“
Beide Teilnehmer der Interaktion sind dann im Appell nach Liebe gefangen und gleichzeitig blockiert, weil sie sich gegenseitig das versagen, was sie am meisten ersehnen. In der Balintgruppe kann die Verstrickung beispielsweise dadurch gelockert und aufgelöst werden, dass der Arzt erkennt, dass seine Wertschätzung nicht an seine Heilerfolge gekoppelt sein muss, sondern bereits dadurch gegeben ist, dass er sich als Therapeut zur Verfügung stellt und ein Patient auf dieses Angebot eingeht. Der Therapeut kann auch realisieren, dass der Patient womöglich gar keine Heilung will, sondern nur das Gefühl braucht, umsorgt zu werden.


Text: Dr.med. Reimar Banis
Facharzt für Allgemeinmedizin
Grossmatt 3, CH 6052 Hergiswil


aus Natürlich GESUND - 9. Jahrgang - Nr. 5 - August 2005

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