

Ihr Weg zu Harmonie und Lebensfreude
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Die Weide - Die Stärke in der Schwäche
Wer sich mit der Weide beschäftigt, der findet einen Baum oder besser gesagt eine Baum-Familie, die schon seit mindestens 3500 Jahren von den Menschen als Heilmittel verwendet wird und zugleich voll ist von geheimnisvollen Geschichten und vielfältiger Symbolik.
Es gibt auf der nördlichen Erdhalbkugel vielleicht 400 Weidenarten, und vom stattlichen Baum wie der Silberweide an den grossen Flüssen bis zum kriechenden Winzling in den Bergen (laut Linné die kleinsten Bäume der Welt) ist alles vertreten. Weiden gelten als Symbol für Frühling, Lebenskraft und Fruchtbarkeit, aber zugleich stehen sie für Abschied, Traurigkeit und Tod; sie gehören zur lebensspendenden Erdgöttin Demeter ebenso wie zu ihrer Tochter Persephone, der Göttin des Todes und der Unterwelt.
Wer einmal eine Weide im Frühling geschnitten hat und mit den abgeschnittenen Zweigen z.B. ein Weiden-Tipi gebaut hat, der kennt die unbändige Wuchskraft der Zweige und des Baumes selbst. Aber das Holz ist weich und stirbt, verglichen mit anderen Bäumen, schnell wieder ab, die Stämme brechen ein, werden hohl, die Bäume werden nicht alt aber sie vermehren sich schnell und einfach. Weidenholz eignet sich kaum als Nutzholz, aber aus den jungen Zweigen werden von alters her Korbwaren, Zäune, ganze Häuser gebaut; ihre Stärke liegt in der Beweglichkeit, in der Biegsamkeit. Die Weide ist nur scheinbar schwach, sie versinnbildlicht die Stärke in der Schwäche, schreibt Wolf-Dieter Storl in Pflanzen der Kelten. So ist die Weide zugleich Baum der Erneuerung und des Abschieds, der Trauer. Und die alten Göttinnen sind nach der Christianisierung häufig zu (bösen) Hexen geworden, vor denen man sich in acht nehmen muss! Hexenbaum heisst die Weide auch, und man wusste, dass die Hexen ihre Besen aus Weidenruten binden und dass man sich an Orten, an denen Weiden stehen, fürchten muss
Aber daneben hat sich auch sehr lange die Vorstellung erhalten, dass die Weide einer der Bäume ist, zu denen die Mensche ihre Krankheiten bringen können, um diese dann in die Weide zu bannen. So wurden die Zahnschmerzen der Weide gebracht, das Fieber wurde in die Weidenzweige geknotet, der Urin von Gichtkranken wurde an den Stamm einer Weide geschüttet, um so von der Krankheit erlöst zu werden.
Immer schon war die Weide auch als Heilmittel bekannt, in den Überlieferungen der Hochkulturen fi nden wir sie, Hippokrates, Dioskurides, Hildegard von Bingen, Paracelsus lobten sie, um nur einige zu nennen; sie wurde angewendet von den Badern und Wanderärzten des Mittelalters, von den Hebammen, den Schäfern, den Korbfl echtern und Kräuterfrauen. Verwendet wird vor allem die Rinde der 23 jährigen Zweige. Lange war Weidenrinde eins der Allheilmittel; Weidenrindentee oder -asche wurde verwendet bei inneren und äusseren Blutungen, bei Durchfall, Fieber und Schmerzen jeglicher Art. Die Weide gilt als kühler, als kalter Baum: Sie kann das Feuer des Fiebers löschen, aber auch das Feuer der Leidenschaft. Hildegard von Bingen empfahl die Weide unter anderem bei sexueller Übererregbarkeit.
Aspirin der Natur chemisch kopiertAnfang des 19. Jahrhunderts wurde begonnen, den Haupt-Inhaltsstoff der Weide künstlich herzustellen; seit 1897, dem Geburtsjahr des Aspirin wurde sie von der chemisch hergestellten Acetylsalicylsäure weitgehend verdrängt bis in heutige Zeiten, in denen wieder verstärkt nach natürlichen und nebenwirkungsfreieren Heilmitteln gesucht wird.
Die Weidenrinde enthält vor allem Salicyl, Gerbstoffe und Flavonoide. Salicyl wird im menschlichen Körper zu Salicylsäure umgewandelt und ist hauptverantwortlich für die schmerzstillende, schweisstreibende, fiebersenkende, entzündungshemmende und antirheumatische Wirkung der Weidenrinde. Dadurch war und ist sie Heilmittel bei fieberhaften Erkrankungen, Erkältung, Grippe, rheumatischen Erkrankungen, Arthrose und Kopfschmerzen.
Ihre Domäne hat sie in unserer Zeit ganz sicher bei der Behandlung von chronischen Schmerzen, insbesonders bei chronischen Schmerzen des Bewegungsapparats, da sie, im Unterschied zu synthetisch hergestellter Acetylsalicylsäure, auch in der Langzeitanwendung weitgehend nebenwirkungsfrei ist. Salicylsäure hat keine Einfl uss auf die Blutgerinnung und kann dadurch auch keine Mikroblutungen in Magen und Darm auslösen, eine der Nebenwirkungen bei lang andauerndem Gebrauch von acetylsalicylsäurehaltigen Medikamenten. Die Wirkungen dieser im Körper hergestellten Salicylsäure und der Acetylsalicylsäure sind gleich hoch, allerdings setzt die Wirkung eines Weidenrindenextrakts erst nach 23 Stunden ein, hält aber ca. 12 Stunden an. Auch kann es zu Beginn einer Therapie einige Tage dauern, bis die Wirkung spürbar ist. Weidenrindenextrakte können auch parallel zu Antirheumatika gegeben werden, um so eine Dosisreduzierung zu bewirken.
Zudem enthält Weidenrinde einen hohen Anteil an Gerbstoffen und wird aufgrund dessen in der traditionellen Volksheilkunde auch bei Durchfällen angewendet, zur Behandlung von Wunden und Geschwüren, als Gurgelmittel bei Zahnfleischbluten und geschwollenen Mandeln.
Als Fussbad (den Tee aus 12 Esslöffeln Weidenrinde ins Badewasser) ist die Weidenrinde wirksam gegen Schweissfüsse und Fusspilz, zugleich wirkt sie erweichend auf die Hornhaut.
Diese hornhauterweichende Wirkung kann man sich auch in Form einer Fuss- Salbe zu nutze machen, mit der regelmässig die verhornten Stellen eingecremt werden oder in Form einer Weidenrindentinktur, die vorsichtig auf Hühneraugen gepinselt wird.
Rindentee nur kurz ziehenlassenGrundsätzlich enthalten alle Weidenarten Salicyl; je bitterer die im frühen Frühjahr gesammelte Rinde schmeckt, desto heilkräftiger ist sie. Einen besonders hohen Salicylgehalt haben die Purpurweide (salix purpurea), die Reifweide (salix daphnoides) und die Silberweide (salix alba). Für den Tee als innerliche Anwendung werden 2 Teelöffel der getrockneten Droge in ¼ Liter Wasser kalt angesetzt, bis zum Siedepunkt erhitzt und nach 34 Minuten abgeseiht. Die kurze Ziehdauer ist wichtig, da bei längerem Ziehen die Gerbstoffe gelöst werden, die langfristig zu Magenreizungen führen können. Täglich werden 3 Tassen getrunken, jeweils nach den Mahlzeiten, wobei sich grundsätzlich für eine Langzeittherapie von 36 Monaten eher Fertigpräparate empfehlen.
Für die äussere Anwendung (und gegebenenfalls akut bei Durchfall) muss die Weidenrinde 1520 Minuten ziehen, da hier ja gerade die Gerbstoffe zur Wirkung kommen sollen.
Weidenrindenextrakte sollen in Schwangerschaft oder Stillzeit nur in Absprache mit Arzt oder Heilpraktiker genommen werden.
Text:
Ursula Bertsch, Heilpflanzenfachfrau
Hansjakobstr. 156
D-79117 Freiburg
aus Natürlich GESUND - 9. Jahrgang - Nr. 7 - Oktober 2005
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