Sexualität im Klimakterium

Im menschlichen Leben verläuft alles in Phasen. Wir gehen vom Säuglingsalter über zum Kleinkind, weiter zum Schulpflichtigen und Jugendlichen, über den jungen Erwachsenen zur vollen Schaffensperiode des erwachsenen Menschen, dann ins Klimakterium und Senium. Alle Phasen haben ihre Besonderheiten und Vorteile. Allerdings halten diese einzelnen Lebensabschnitte auch neue Fakten für uns bereit, auf die wir uns einstellen müssen, und dies fällt uns im Übergang nicht immer leicht.

Medizinisch wird das Klimakterium, die Wechseljahre, als Übergangsphase von der vollen Geschlechtsreife ins Senium definiert.Hier stellen die weiblichen Keimdrüsen ihre Funktion ein. Der Beginn in Europa und Nordamerika liegt um das fünfzigste Lebensjahr. Etwa zwei Drittel der Frauen geben klimakterische Ausfallserscheinungen an, welche vor allem auf den Abfall der Östrogensekretion beruhen. Sie äußern sich in Form von vegetativen Merkmalen, psychischen Symptomen und metabolistischen Dysfunktionen, wie beispielsweise der Osteoporose.
Die Indianische Frauenwurzel (Cimicifuga racemosa) hilft dabei diesen Anpassungsprozess an einen neuen Lebensabschnitt besser zu überstehen. Ihre Inhaltsstoffe greifen regelnd in das Wechselspiel zwischen Keimdrüsen, Hirnanhangdrüse und Nervensystem ein und stellen das Gleichgewicht der Botenhormone wieder her. Die Beschwerden werden also nicht nur unterdrückt, wie bei einer Hormongabe, sondern der Umstellungsprozess wird begünstigt.
Die traditionelle chinesische Heilkunde (TCM) sagt aus, dass alle Lebensabschnitte einer Frau in sieben Jahresschritten verlaufen. Bei sieben mal sieben Jahren treten die Wechseljahre ein. Beim Mann verlaufen diese Phasen in achter Jahresschritten und mit acht mal acht Jahren tritt auch der Mann in die Übergangsphase zum Senium, welche sich in der Regel weniger spektakulär zeigt.
So ergibt sich beim Klimakteriumsbeginn zwischen Mann und Frau eine Verschiebung der Lebensphasen von beinahe fünfzehn Jahren, was zu unterschiedlichen partnerschaftlichen Problemen führen kann. Das bisherige, als im gleichen Lebensabschnitt empfundene Zusammenleben, kann sich plötzlich als unterschiedlich heraus stellen.
Fast die Hälfte der Frauen in den Wechseljahren geben in den Praxen an, dass sie unter Vaginaltrockenheit und somit an Schmerzen beim Geschlechtsverkehr leiden. Dazuzuzählen sind noch diejenigen, welche sich nicht trauen, diese Störungen zu äußern. Logischer Weise führt dies zur Dysparenturie, das heißt, die im weitesten Sinne fehlende körperliche und seelische Harmonie der Partner in der Beziehung, zu Juckreiz, Vaginalentzündungen bis hin zu Stenosen (krampfhafte Verengungen). Hier können Produkte aus Soja Abhilfe schaffen. So sind Vaginal-Gels mit 10% Soja-Isoflavonen auf dem Markt, welche eine sanft trophische Wirkung auf das Vaginalepithel haben, in dem dies zur Zellerneuerung angeregt wird. Sie spenden den Scheidenschleimhäuten dauerhafte Feuchtigkeit durch Steigerung des Sekretvolumes. Die vorgeschädigte Schleimhaut baut sich wieder auf und die Elastizität des Epithels wird erhöht. Auch zur oralen Einnahme kommen Soja- Präparationen im Klimakterium in Frage. Bei einer Anwendungsstudie mit „Phyto-Soja“ gaben mehr als 93% der Frauen eine ausgezeichnete bis gute Verträglichkeit an, über 65% der Frauen erlebten eine Reduzierung der Hitzewallungen um mindestens 50%.
Auch der Bereich der ätherischen Öle gibt Möglichkeiten zur Anregung der Scheidensekretion. Nachfolgend sind drei Rezepturen aufgeführt, welche in 45 ml gutes Massageöl plus 5 ml hochwertiges Pflanzenöl, wie Borretsch-, Jojoba-, Nachtkerzen- oder Karottenöl, gemischt werden. Für eine Anwendung sollten cirka 30 Tropfen von der Gesamtmischung als Körperöl verwendet, besonders Brüste und Unterleib müssen damit eingerieben werden.

Rp. 1
Geranium	10 Tr.
Lavendel	10 Tr.
Fenchel	10 Tr.

Rp. 2
Sandelholz	15 Tr.
Sandelholz	5 Tr.
Sandelholz	6 Tr.

Rp. 3
Zypresse	5 Tr.
Hyazinthe	10 Tr.
Muskatellersalbei	15 Tr.

Bei täglicher Anwendung ist nach drei bis sieben Tagen mit vermehrter Scheidensekretion zu rechnen. In einer Verdünnung mit ausreichend Trägeröl (Rezepturangabe plus 150ml fettem Öl) ist auch eine direkte vaginale Anwendung vor dem Verkehr möglich.

Salbei und Sahne

Als Badezusatz kommt folgende, synergistische Mischung aus ätherischen Ölen für fehlende Vaginalsekretion zur Anwendung. Es werden 6 Tropfen der Mischung pro Bad mit einem Emulgator kombiniert, das einfachste ist ein halber Becher Sahne und im Wasser danach gut umgerührt. Auch hier gelten die vorherigen Angaben des Einsetzens der Wirkung bei täglicher Anwendung.

Rp.
bulgarische oder marokkanische Rose	10 Tr.
Muskatellersalbei	10 Tr.
Fenchel	2 Tr.
Hyazinthe	2 Tr.

Rein als pflegendes Intimöl sowie gegen trockene Schleimhaut ist nachfolgende Mischung aus ätherischen Ölen zu sehen:

Rp.
Mandelöl	30ml
Sanddornöl	5 Tr.
Bergamotte	3 Tr.
Mandarine	2 Tr.
Mairose oder Jasmin oder Neroli	1 Tr.
Benzoe siam	2 Tr.

Auch milde Stimulanzmittel können zum Einsatz kommen. Aus der Diätetik ist der Sellerie (Apium graveolens) zu nennen. Die Knolle kann als Salat verarbeitet werden und der Samen (Apii semen) wird in der Menge eines halben Teelöffels mit 150 ml kaltem Wasser angesetzt, über sechs Stunden ziehen gelassen und schlückchenweise getrunken. Auch unser Liebstöckel (Levisticum) hat es ganz schön in sich! Er wirkt herz- und nervenberuhigend, sowie den Geschlechtstrieb fördernd. Dies spielt vor allem bei negativen Erwartungshaltungen eine Rolle. Liebstöckel sollte als Gewürz regelmäßig verwendet oder aus der Wurzel (Levistici radix) mit einem Teelöffel pro Tasse ein heißer Aufguss erstellt werden. Davon kann mehrfach täglich eine Tasse zum Einsatz kommen.
Weiterhin zeigt sich der Wein, in mittleren Mengen genossen, als Geschlechtstrieb steigernd, in großen Mengen hat er allerdings entgegen gesetzte Wirkung. So kann man mit ihm, in der Kombination mit dem wilden Fenchel, ein Perkolat herstellen:

Rp.
wilde Fenchelkörner (Foeniculi semen)	100 g
Wein	1 Liter
3 Wochen ziehen lassen, abseihen, 1 Glas nach dem Essen

Ölkombination
Natürlich kann auch eine Ölkombination selbst kreiert werden. Die folgende Liste mit dem Versuch der Duftbeschreibung, sowie der Wirkrichtung, mag dabei helfen: Geranium von freundlicher, süßer und liebenswürdiger Art Es gleicht aggressive und passive Wirkungen im Leben aus, schafft Harmonie und gute Laune zwischen den Geschlechtern und beseitig Unvernunft und Unzufriedenheit. Tonka von exquisiter Intimität Es festigt tiefere Gefühle in einer Beziehung und schafft ein euphorisches Ambiente. Petitgrain fein und stark Petitgrain bringt wieder Vertrauen, wenn man sich betrogen fühlt. Es besänftigt den Zorn, stellt den Glauben wieder her und gibt neue Kraft. Zypresse stolz und voller Rätsel Es lindert Traurigkeit, kann aber auch ohne Umschweife geradeheraus sein. Zypresse hilft, sich zu behaupten. Verbene sanft und zart Es sprudelt wie Sekt und wirkt bei geistiger Erschöpfung und Lethargie wahre Wunder. Kamille,flüssiges Gold, römische Es vertreibt Nervosität und Ärger, schafft emotionale Stabilität und vertreibt Gespenster aus der Vergangenheit. Ylang-Ylang von intensiver Süße Es beseitigt Frustrationen des Lebens, ist aufregend erotisch, stimuliert die Sinne und vertreibt Eifersucht. Benzoe siam warm und spendet Energie, ähnlich einer Tafel Schokolade Es durchdringt emotionale Abschirmung und kann erotische Gedanken provozieren. Rose verschwenderisch, erdhaft, leidenschaftlich, warm, marokkanische dunkel und geheimnisvoll Es weckt tiefste Gefühle und fördert das Vertrauen.

Als Küchengewürze sollte an Trüffel, Fenchel, Knoblauch, Majoran, Vanille, Basilikum und Rosmarin gedacht werden.
Bei einer niedrigen sexuellen Resonanz haben sich in der Praxis nachfolgende Rezepturen bewährt. Hier steht nicht die Steigerung der Libido im Vordergrund, sondern die Beeinflussung des sexuellen Erlebens. Dabei sind vor allem seelisch- geistige Blockaden ausschlaggebend.
Ein gängiger Satz aus der Psychologie ist folgender: Die erogenste Zone des Menschen ist zwischen den Ohren.
Dies bedeutet, dass sich Sexualität primär im geistigen Bereich abspielt und nicht an den Orten des Geschehens. Habe ich schlechte Erfahrungen gemacht, bin ich übermüdet oder verängstigt, ist das uneingeschränkte Genießen von Sexualität nicht möglich.
Die einzelnen Rezepturangaben sollten entweder in 50 ml eines fetten Basisöls für die Massage gemischt oder, mit etwas Sahne emulgiert, ins Badewasser gegeben werden. Hier muss die Anwendung schon über einen längeren Zeitraum erfolgen. Bei der Auswahl der ätherischen Öle sollte immer der Geruch entscheiden.

Rp. überängstlich und verspannt
Muskatblüte	2 Tr.
Anis	1 Tr.
Zimt	1 Tr.
Neroli	2 Tr.

Rp. unsicher
marokkanische Rose	2 Tr.
Muskatellersalbei	2 Tr.
Gewürznelke	1 Tr.

Rp. sexuelle Reaktion zu langsam
marokkanische Rose	2 Tr.
Ylang Ylang	2 Tr.
Ingwer	2 Tr.

Rp. sexuelle Reaktion schwach und verhalten
Bohnenkraut	1 Tr.
Ingwer	2 Tr.
Ylang Ylang	2 Tr.
Muskatellersalbei	5 Tr.

Die Wechseljahre sind ein biologisch normaler Vorgang und dürfen auf keinen Fall als eine Art Krankheit gesehen werden. Da wir in einer Gesellschaftsordnung mit einem Jugendwahn leben, beutet das Klimakterium für viele einen tiefen Einschnitt in ihr Leben. Dies ist aber sehr oberflächlich gesehen, denn keine Phase in unserem Dasein ist besser oder schlechter. „Trau keinem über dreißig“ war ein Ausspruch von Bob Dylan in den sechziger Jahren. Heute ist er selbst über sechzig und hat die letzten dreißig Jahre sicherlich nicht von seinem jugendlichen Ausspruch überschattet gelebt.
Auch Sexualität begleitet uns durch das ganze Leben. In den verschiedenen Abschnitten unseres Daseins zeigt sich diese auch auf unterschiedliche Art und Weise. So haben Kinder sicherlich eine andere Sexualität als Erwachsene und diese ändert sich auch wieder im Empfinden und Stellenwert mit dem Älterwerden. Wichtig ist, dass die Partner immer wieder auf einander zugehen und Verständnis für unterschiedliche Bedürfnisse aufbauen. Nur so ist ein harmonisches Zusammenleben möglich.

HP Peter Germann
Phytaro-Heilpflanzenschule Dortmund
Köln-Berliner-Straße 9, 44287 Dortmund
Tel.: 5, Fax.:
www.phytaro.de

aus Heilpraxis Magazin - 8. Jahrgang - Nr. 4 - August 2004

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