Spaltpilz?
Sind Zusammenschlüsse in der natürlichen Medizin sinnvoll?
Einigkeit macht stark, habe ich im Leitartikel der letzten Ausgabe des Heilpraxis Magazins geschrieben, indem ich einerseits anhand von Beispielen die starke Schulmedizin illustrierte und andererseits die vermißte Zusammenarbeit in der natürlichen Medizin beklagte. Von Lobby habe ich gesprochen, und daß Zusammenschlüsse – mindestens ideelle – nötig seien, um das Gleichgewicht Schul-/Naturmedizin wieder herzustellen.
Nebst positiven Rückmeldungen bin ich von einigen LeserInnen vielleicht auch falsch verstanden worden: «eine Lobby bedeutet doch immer Filz und undurchschaubare Strukturen», schreibt etwa Leser Werner Sedlmeier aus Menzingen. Muß nicht sein, bin ich überzeugt. Die Vorgehensweise kann ja eine andere sein. Zentraler Punkt dabei ist, wie derselbe Leser in seinem Schreiben bemerkt, daß die Naturmedizin einig und geschlossen sich um die Durchsetzung ihrer Interessen bemüht – wo auch immer.
Dies scheint nun gefährdeter denn je – weshalb ich dieses Thema an so prominenter Stelle nochmals aufgreife. Angelpunkt ist die Angelegenheit um die Registrierung im EMR, dem Erfahrungsmedizinischen Register, an dem sich die (allzu) verschiedenen Geister in der natürlichen Medizin scheiden. Spaltpilz EMR?
Die Facts: Die fünf Krankenkassen Helsana, CSS, Konkordia, Swica und Wincare und die ihnen angeschlossenen zwölf Kleinkassen, die insgesamt zwischen 55 und 65 Prozent der in der Schweiz Krankenversicherten vertreten, haben sich in der Interessengemeinschaft Qualitätssicherung in der Komplementärmedizin IGQSK zusammengefunden und die Basler Firma Eskamed AG – die unter der Leitung der Ärztin Silvia Keberle ausschließlich schulmedizinisch publizistisch tätig ist – mandatsmässig beauftragt, ein Erfahrungsmedizinisches Register zu führen. Dies mit dem Ziel, «mehr Qualität und Transparenz im Interesse der Versicherten zu erreichen».
Während nun verschiedene Interessensvertreter wie etwa die Interessengemeinschaft der Verbände und Schulen natürlicher Methoden im Gesundheitsbereich IGMG oder der Verband der kantonal anerkannten Therapierenden SVANAH diese Registrierung anerkennen, wenn auch vom Vorgehen nicht vollends überzeugt und nur in dem Glauben, das kleinere Übel zu wählen – «Es ist ein Schritt in die richtige Richtung», ist zusammenfassend die Antwort auf meine Nachfrage bei Vertretern jener Verbände – stellen sich andere wie die Naturärztevereinigung der Schweiz NVS dagegen.
Mit mindestens so guten Gründen wie jene, die sich fügen, wie ich meine. Obwohl die NVS nichts gegen eine zentrale Registrierungsstelle hat, wie auch an der außerordentlichen Generalversammlung vom 3. Juli 1999 zum Ausdruck kam, gibt es im Zusammenhang mit dem EMR doch viele offene Fragen, die beantwortet werden müßten. Etwa: Wie verhält es sich kartellrechtlich mit dem EMR? Warum ist ein solche Aufgabe einer gewinnorientierten Firma übertragen worden, die alleinherrschaftlich arbeitet und deren Zusammensetzung noch deren Qualifikation bis heute im Dunkeln bleibt? Warum genügt als medizinische Vorbildung für eine Registrierung lediglich der Nothelferausweis? Was geschieht mit älteren und erfahreneren HeilpraktikerInnen, die keine Schulunterlagen vorweisen können, weil es vor 30 oder mehr Jahren noch gar keine Schulen gab? Wie soll mit Verbänden noch nach Lösungen gesucht werden, wenn Ende Oktober alle Einzelregistrierungen abgeschlossen, resp. die Resultate definitiv sind und dem Therapierenden kein Rechtsweg zugestanden wird?
Fragen, deren Beantwortung jetzt auf den Tisch muß, wenn es zu einer für alle zufriedenstellenden Lösung kommen sollte, sonst ist die Aussage «mehr Qualität und Transparenz» lediglich eine Farce und nur Lippenbekenntnis, Deckmantelpolitik (s. Editorial 2/99).
Noch ist Zeit, liebe Leserinnen und Leser, Heilpraktiker und Naturärztinnen, die Sie vor Ihrer sicher nicht leichten Entscheidung stehen, die Frist zur Registrierung ist vom EMR bis Ende Oktober verlängert worden, aus welchen Gründen auch immer. So besteht auch die Möglichkeit, sich noch zu finden. Dabei wollen wir vom Heilpraxis Magazin unseren Beitrag leisten und ein offenes Forum bieten, sei es für Gesprächsrunden oder für LeserInnenbriefe, die abgedruckt in unserem Medium mit zur Meinungsbildung und zur Klärung beitragen können. Nicht Polemik, sondern Konsens sollte dabei im Vordergrund stehen. Schließlich geht es nicht nur um einen ganzen Berufsstand, sondern letztlich auch um das Wohl der Patienten.
Herzlichst
Marcus Caluori
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