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Montag, 28.05.2007      

Ihr Weg zu Harmonie und Lebensfreude
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Pflanzliche Schmerzmittel


Zur Schmerzbehandlung steht neben den chemisch definierten Analgetika eine ganze Reihe von pflanzlichen Drogen zur Verfügung, die innerlich wie auch äusserlich angewendet werden können.

Auslösung von Schmerzen

In den letzten Jahren sind die Grundlagen der Schmerzentstehung intensiv untersucht worden . Neuere Erkenntnisse sollen kurz dargestellt werden, da eine wirksame Schmerztherapie durch eine korrekte Diagnosestellung oft sehr erleichtert wird. So weiss man zum Beispiel schon lange, dass akute Muskelschmerzen besonders leicht ausgelöst werden können, wenn man Ansatz und Ursprung eines Muskels einander stark annähert und den Muskel dann betätigt.

Nach neueren Untersuchungen werden diese Schmerzen aber durch Spasmen benachbarter Muskelgruppen ausgelöst, der betroffene Muskel selbst wird eher kurzfristig ruhiggestellt. Diese schmerzhafte Fehlfunktion von Muskeln kann nun zur Überlastung weiterer Muskeln führen, die sogenannte Kettenmyose. Muskelspasmen können auch als Reaktion auf psychischen Stress entstehen oder aufgrund von mangelnder motorischer Kontrolle bei Trainingsmangel. Eine muskuläre Dysbalance zum Beispiel infolge von angeborenen oder erworbenen Fehlhaltungen der Wirbelsäule kann viele Jahre ohne grosse Beschwerden ertragen werden.

Erst bei Hinzutreten von zusätzlichen aktivierenden Faktoren (Erkrankungen, physische oder psychische Belastungen) kann die Verspannung dauerhaft schmerzhaft werden. Eine Entzündung kann die Gelenkrezeptoren reizen und zur Zunahme des schmerzhaften Spasmus benachbarter Muskeln führen. Hier muss deshalb nicht nur die schmerzhafte Muskelverspannung, sondern auch die Entzündung behandelt werden, da es sonst leicht zur Chronifizierung kommen kann. Die sogenannten Triggerpunkte sind zunächst nicht weiteres als eine Ansammlung teilweise kontrahierter und deshalb schlecht mit Sauerstoff versorgter Muskelzellen. Die von den Triggerpunkten ausgehenden Schmerzen können über entsprechende Reflexbögen auch in andere tiefergelegene Gewebe übertragen werden und so vom Patienten fehllokalisiert werden.

Entstehung chronischer Schmerzen

Durch eine Verletzung oder eine Entzündung werden die insbesondere in der Haut und den Organen des Bewegungsapparates befindlichen Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) lokal überempfindlich, d. h. sie leiten nunmehr schon bei normalen Bewegungsabläufen oder sogar im Ruhezustand Impulse an das Gehirn. Am lokalen Schmerzgeschehen sind viele verschiedene Neurotransmitter beteiligt, die sich oft in ihrer fatalen Wirkung gegenseitig verstärken, ausserdem spielen Fasern des vegetativen Nervensystems und Schädigungen der lokalen Blutgefässe eine Rolle. Wenn die schmerzauslösende Ursache fortbesteht, zum Beispiel eine länger anhaltende Monoarthritis, verändert sich das Muster der beteiligten Neurotransmitter allmählich.

Auf der Rückenmarksebene werden Neurone daueraktiviert, wodurch sich ihre Erregbarkeit erhöht und Schmerzen chronifiziert werden. Die Übererregbarkeit breitet sich rasch auf die nicht betroffene Seite des Rückenmarks aus und aktiviert auch motorische Nervenzellen. Auch in verschiedenen Hirnbereichen nimmt die neuronale Aktivität zu. Die Patienten leiden dann unter einer Ausbreitung ihrer Beschwerden auf andere Körperregionen. Gleichzeitig lösen auch leichte, früher nicht schmerzhafte Reize wie Bewegungen und leichte Berührungen Schmerzen aus. Ein ständiger Einstrom von Schmerzreizen im Gehirn löst schliesslich vermutlich irreversible Umvorgänge an Nervenzellen aus.

Konsequenzen

In der modernen Schmerztherapie wird aufgrund dieser Erkenntnis gefordert, dass eine Chronifizierung von akuten Schmerzen vermieden wird. Ein Schmerz, der länger als 6 Monate anhält, ist als chronischer Schmerz (Schmerzkrankheit) anzusehen. Patienten mit Schmerzkrankheit haben zumeist schon multiple Behandlungsversuche hinter sich und sind, da oft ein Schmerzmittelabusus vorliegt, schwer zu führen. Sehr oft liegt auch eine depressive oder ängstliche Komponente vor.

Therapieerfolge sind mit Naturheilverfahren, wenn mehrere Therapien miteinander kombiniert werden, durchaus zu erreichen. Der individualisierte Therapieansatz ist hier entscheidend, ein stetiger Feedback zwischen Patient und Therapeutenteam ist wichtig. Oft haben Patienten mehr als ein Schmerzproblem, multimodale und ganzheitliche Therapieansätze, die selbstverständlich auch die Therapie mit pflanzlichen Schmerzmitteln einbeziehen, werden jedoch noch zu selten durchgeführt.

Pflanzliche Schmerzmittel

Grundsätzlich kann man zwischen extern und intern wirksamen pflanzlichen Schmerzmitteln unterscheiden. Zur Therapie steht eine ganze Reihe von pflanzlichen Drogen zur Verfügung: Zur innerlichen Anwendung: Teufelskrallenwurzel, Weidenrinde, Brennesselblätter und -kraut, Pestwurzrhizom u.a.

Für die äusserliche Anwendung: Arnikablüten, Capsicum und Senfsamen in verschiedenen Anwendungen u.a. Folgende ätherische Öle kommen in Frage: Kampfer, Cajeput-, Eukalyptus-, Fichtennadel,- Kiefernnadel- und gereinigtes Terpentinöl. Sie werden sowohl als Reinstoffe als auch verdünnt oder verarbeitet in halbfesten Arzneiformen oder als medizinische Badezusätze empfohlen. Pfefferminzöl wurde von der ESCOP 1997 (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) u. a. positiv für die externe Anwendung bei rheumatischen Beschwerden monographiert.

Pflanzliche Schmerzmittel zur inneren Anwendung

Teufelskrallenwurzel

Der Extrakt aus den sekundären Speicherwurzeln der in Namibia beheimateten Teufelskralle erfreut sich zunehmender Beliebtheit (siehe auch den an diesen Beitrag anschliessenden Artikel). In zahlreichen experimentellen Untersuchung und klinischen Studien konnte für die orale Gabe von Extrakten aus Teufelskrallenwurzeln eine analgetische Wirkung nachgewiesen werden. Gereinigter Harpagophytumextrakt verhinderte in vitro die Lipopolysaccharid-induzierte Prostaglan-dinsynthese durch Hemmung der Cyclooxygenase 2 B und die Synthese von Tumornekrosefaktor, wobei allerdings noch unklar ist, ob diese Wirkung auch nach oraler Einnahme beim Patienten eintritt.

Bis zur vollen analgetischen Wirksamkeit vergeht eine Anflutphase von mehreren Tagen. Inzwischen liegen mehr als 20 Anwendungsbeobachtungen und randomisierte Doppelblindstudien bei Patienten mit degenerativen Erkrankungen des Stütz- und Bindegewebes vor. 1996 und 1997 wurden drei placebokontrollierte Studien bei den Indikationen schmerzhafte Arthrosen, Lumbalgie und Rückenschmerzen über 28 bis 60 Tage mit Tagesdosierungen von 2 bis 2,4 g Extrakt (entsprechend 4,9 bis 6 g Droge/Tag) durchgeführt.

In jeder Studie kam es zu einer deutlichen bis signifikanten Reduktion der Schmerzintensität um bis zu 50 Prozent und zur Minderung des schmerzhaften Muskelhartspanns in der Rückenmuskulatur um bis zu 25 Prozent, auch die Beweglichkeit der Wirbelsäule nahm zu. Therapeutische Wirkungen fanden sich bereits nach ein bis zwei Wochen, die maximale Wirkung war nach 4 Wochen erreicht. Die Compliance erreichte 99 Prozent.

Weidenrindenextrakt

Weidenrinde enthält mehrere Derivate des Salicylalkohols, weitere phenolische Vebindungen, Flavonoide und Gerbstoffe. Leitsubstanz der Weidenrinde ist das Salicin. Besonders reich an Salicin sind die Rinden von Salix purpurea (Purpurweide), Salix daphnoides (Reifweide) und S. fragilis (Bruchweide). Auf Madeira wird eine Salix-daphnoides-Art angebaut, deren Rinde einen Salicingehalt von mindestens 13 Prozent aufweist. Salicin ist eine echte "Pro-Drug-Verbindung, die erst am Bestimmungsort zur eigentlich wirksamen Substanz, der Salicylsäure, metabolisiert wird.

Nach der oralen Einnahme spalten Darmbakterien der unteren Abschnitte (Blind-, Dickdarm) das Salicin enzymatisch in Saligenin und D-Glucose. Saligenin wird im Darm schnell und fast vollständig (zu 86 Prozent) resorbiert und erst im Blut, in der Leber und vor allem am Wirkort zur therapeutisch wirksamen Salicylsäure oxidiert. Die Schleimhäute von Mund, Rachen, Magen und Darm werden deshalb von der aggressiven Säuregruppe verschont. Gravierende Nebenwirkungen wie von der Acetylsalicylsäure bekannt, sind bei Salicin nicht zu erwarten. Eine leichte Reizwirkung durch die Catechin-Gerbstoffe der Droge auf die Schleimhäute des Gastrointestinaltraktes ist jedoch vereinzelt möglich. Da die Salicylsäure aus ihren Vorstufen erst allmählich freigesetzt wird, kann sich ein über mehrere Stunden konstanter Salicylatspiegel im Plasma aufbauen.

Maximale Plasmaspiegel finden sich nach zwei Stunden und nehmen erst nach acht Stunden wieder wesentlich ab. Die Salicylsäure hemmt die Synthese zyklischer Endoperoxide wie zum Beispiel der in entzündlichen Geweben gebildeten Prostaglandine E1 und E2 sowie die Synthese von Prostacyclin und Thromboxanen aus freier Arachidonsäure über die Cycloxigenase 1. Salicylsäure ist aufgrund der fehlenden Acetylgruppe nicht in der Lage, Thrombozyten zu acetylieren und kann deshalb nicht die Aggregation hemmen. Durch die vielfach nachgewiesene fiebersenkende, entzündungshemmende und analgetische Wirkung eignen sich Weidenrindenextrakte besonders zur Therapie chronischer Schmerzen und rheumatischer Beschwerden - in der von der ESCOP empfohlenen Dosierung von 240 mg/Tag.

In zwei aktuellen Studien (eine dreiarmige randomisierte placebokontrol-lierte Studie bzw. eine offene vergleichende Kohortenstudie) mit Patienten mit chronischen Rückenschmerzen ergab sich, dass 40 Prozent der Patienten aus der 240-mg-Gruppe nach 4 Wochen schmerzfrei waren bzw. dass der Weidenrindenextrakt meistens gleich wirksam war wie eine konventionelle Medikation nach WHO-Schema, wobei keine Nebenwirkungen im Gastrointestinaltrakt beobachtet wurden. Weidenextraktpräparate können durch ihr analgetisches Potential und ihre geringe ebenwirkungsrate die Anforderungen einer analgetischen Basistherapie erfüllen und sind zudem ein Compliance-förderndes Phytopharmakon.

Brennesselblätterextrakt

Brennesselblätterextrakt wird zur unterstützenden Therapie rheumatischer Beschwerden eingesetzt. Eine Dosis von 1340 mg Extrakt/Tag konnte bei gesunden Versuchsteilnehmern innerhalb von drei Wochen die Freisetzung aus stimulierten Monozyten von TNF-a um 24 Prozent und von Interleukin-1ss um 39,3 Prozent reduzieren. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis konnte nach vierwöchiger Einnahme von 1340 mg Extrakt/Tag eine Abnahme der TNF-a-Sekretion um 34,3 Prozent und der IL-1ss-Sekretion um 46,1 Prozent nachgewiesen werden. Durch den Brennesselextrakt wird zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Entzündungsreaktion eingegriffen, da schon geringe Cytokinmengen eine vielfach erhöhte Produktion der nachgeschalteten Entzündungsstoffe bewirken.

Damit kann davon ausgegangen werden, dass Brennesselblätterextrakt nicht nur symptomatisch wirken kann, sondern bei rheumatoider Arthritis auch knorpelschützend wirken könnte. Dieser Effekt könnte auch bei der Arthrose von Bedeutung sein, da bekannt ist, dass bei Gelenken, deren Knorpel durch unphysiologische Belastung zerstört wird, die Knorpelfragmente Makrophagen aktivieren, die ihrerseits Cytokine in den Gelenkspalt freisetzen, wodurch es zu Entzündungen kommt. In zwei multizentrischen Beobachtungsstudien mit insgesamt 9174 Patienten mit Arthrose oder rheumatoider Arthritis, die über drei Wochen 1340 mg Brennesselextrakt erhielten, konnte eine deutliche Abnahme von Schmerzintensität und Bewegungseinschränkung beobachtet werden. In einer weiteren Studie mit Patienten mit Arthrose nahm die Symptomatik unter Brennesselextrakt bereits nach 7 Tagen deutlich ab und wurde nach dreiwöchiger Therapie halbiert.

Bei einer Studie bei 8955 Patienten mit Arthrose oder rheumatoider Arthritis nahmen Schmerzen und Bewegungseinschränkungen um durchschnittlich 45,3 Prozent innerhalb von drei Wochen ab. In einer multizentrischen Beobachtungsstudie wurde die symptomatische Wirksamkeit der kontinuierlichen Therapie mit Brennesselextrakt über ein Jahr bei 718 Patienten mit Gonarthrose untersucht. Die klinischen Gelenksbefunde besserten sich deutlich während der einjährigen Therapie, der Schmerz verringerte sich um 73,5 Prozent. Der Rückgang der Beschwerden war in den ersten Anwendungsmonaten am stärksten, die Zahl der Schübe nahm von 60 Prozent zu Beginn auf 7 Prozent ab.

Kombination Zitterpappelrinde und -blätter, Goldrutenkraut, Eschenrinde

Es soll auch ein Kombinationspräparat, das zur Therapie bei rheumatischen Erkrankungen eingesetzt wird, erwähnt werden, das Extrakte aus Zitterpappelrinde und -blättern, Goldrutenkraut und Eschenrinde im Verhältnis 3 : 1 : 1 enthält. Wesentliche Inhaltsstoffe sind Phenole und Phenolsäuren wie Salicin- und Salicylsäurederivate, Flavonoide, Triterpensaponine und Cumaringlycoside. Dieses Präparat wirkt analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch, in pharmakologischen Untersuchungen wurde eine Hemmung von Cyclooxygenase und Lipoxygenase nachgewiesen, ausserdem die Hemmung der Synthese von Sauerstoffradikalen und die Wirkung als Radikalenfänger.

Zur klinischen Wirksamkeit liegen mehr als 25 Studien vor. In sechs placebokontrollierten Doppelblindstudien war das Kombinationspräparat signifikant wirksamer als Placebo, in sieben Doppelblindstudien ebenso wirksam wie die chemisch definierte Kontrolle. Insgesamt fanden sich bei 8,3 Prozent der Studienpatienten geringfügige unerwünschte Arzneimittelwirkungen (Magenkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen) und 5,9 Prozent brachen die Studien ab.

Pestwurzrhizomextrakt

Bei den Extrakten aus Pestwurzrhizom dient die frische Wurzel von Petasites hybridus als Ausgangsmaterial. Die Pflanze wird bereits seit dem Altertum arzneilich verwendet, seit dem 19. Jahrhundert trat die Nutzung der spasmolytischen Wirkung in den Vordergrund. Bei der Herstellung werden mit einem speziellen Extraktionsverfahren die enthaltenen Petasine angereichert und die kanzerogen Pyrrolizidinalkaloide abgereichert. Pestwurzextrakt wird als Spasmoanalgetikum mit beruhigender und vegetativ regulierender Komponente eingesetzt. Bei Schwangerschaft und Stillzeit ist er kontraindiziert. Besonders interessant ist die prophylaktische Anwendung bei Migräne, die in letzter Zeit in einer Studie untersucht wurde.

In einer plazebo-kontrollierten Doppelblindstudie bei 60 Patienten mit Migräne mit und ohne Aura kam es nach Einnahme des Wirkstoffs Petasin (100 mg/Tag) innerhalb von 3 Monaten zu einer 56-prozentigen Reduktion der Migräneanfälle, auch die Häufigkeit von Begleitsymptomen nahm ab. Die günstige Wirkung hielt noch über drei Monate nach Beendigung der Einnahme an. Unerwünschte Arzneimittelwirkungen wurden nicht berichtet. Es ist denkbar, dass diese Droge nach endgültiger Klärung der Pyrrolizidinproblematik für eine Reihe von Indikationen zunehmend interessant wird.

Johanniskrautextrakt

Johanniskrautextrakt kann als Phytoantidepressivum eingesetzt werden. Bei depressiver Komponente können günstige Effekte in Kombination mit Analgetika erzielt werden, dabei ist insbesondere die im Vergleich zu den meisten chemisch definierten Antidepressiva sehr geringe Nebenwirkungsrate zu erwähnen. Es muss allerdings beachtet werden, dass die Wirkung erst nach etwa 14tägiger Einnahme einsetzt. Klinische Studien für diese Indikation liegen nicht vor.

Äusserliche Anwendung

Pfefferminzöl Pfefferminzöl wird durch Dampfdestillation aus den frischen oberirdischen Teilen der blühenden Pflanze (Mentha piperita L.) gewonnen. Es enthält 30 bis 55 Prozent Menthol, 14 bis 32 Prozent Menthon und andere ätherische Öle. Über die Resorptionszeit von Pfefferminzöl durch die intakte Haut findet man in der Literatur stark variierende Angaben, die zwischen wenigen Minuten und zwei Stunden liegen. Pfefferminzöl wird in Form von flüssi-gen alkoholhaltigen Verdünnungen oder halbfesten Fertigarzneimitteln auf die Haut aufgebracht und lokal bei Schmerzen und Verspannungszuständen der Muskulatur eingesetzt. Selten wurden Hautirritationen (Typ IV-Reaktion) bemerkt.

Die Inhalation kann Atemstillstand, Stimmritzenkrämpfe bei empfindlichen Personen, insbesondere Säuglingen und Kleinkindern hervorrufen. Bei lokaler Anwendung von Pfefferminzöl oder Menthol auf der Haut kommt es selbst bei geringen Mengen zu einer Sensibilisierung und Stimulation von Kälte- und Druckrezeptoren mit nachfolgender Auslösung eines lang anhaltenden Kältegefühls im Anwendungsgebiet. Durch Menthol wird eine Veränderung der Zellmembran der Kälterezeptoren mit darauffolgender Verminderung des Ausstroms von Kalziumionen bewirkt, die zu einer vermehrten Aktivität der Kälterezeptoren führt.

Durch die Stimulation der Kälterezeptoren lassen sich möglicherweise auch die analgetischen Effekte von Pfefferminzöl erklären, da die Kältereize, die durch langsam leitende A-delta-Fasern fortgeleitet werden, zu einer Blockierung des durch die C-Fasern fortgeleiteten Schmerzes im Bereich der Substantia gelatinosa des Rückenmarks durch segmentale Hemmung führen können. Pfefferminzöl hemmt im Tierexperiment Serotonin- und Substanz-P-induzierte Kontraktionen der glatten Muskulatur. Diese Substanzen spielen bei der Regulation der Durchblutung bestimmter Hirnregionen, die für die Entstehung von Kopfschmerzen verantwortlich sind, eine entscheidende Rolle.

Die erhöhte Anspannung der am Schädel ansetzenden Muskulatur wird als eine Begleiterscheinung des Kopfschmerzes insbesondere vom Spannungstyp beschrieben, 10Prozentiges Pfefferminzöl in alkoholischer Lösung führt zu einer signifikanten Reduktion der Anspannung des Schläfenmuskels Das Aufbringen von Pfefferminzöl auf die intakte Gesichtshaut führt zu einer erheblichen Steigerung des Blutflusses in den Hautkapillaren. In einer doppelblinden randomisierten, placebokontrollierten Studie bei experimentell induziertem Kopfschmerz mit 32 gesunden Personen nahm die Schmerzempfindlichkeit nach Behandlung von Schläfen und Stirn mit einer 10Prozentigen alkoholischen Menthollösung signifikant ab.

Paprikafrüchte (Capsicum)

Das in den Paprikafrüchten enthaltene Capsaicin führt bei capsaicin-empfindlichen Nervenzellen zu einem raschen Anstieg und dann länger anhaltenden Abfall des intrazellulären Kalziumionen-Gehaltes. Bei lokaler Applikation kommt es zu einer intensiven Aktivierung der C-Fasern und zur Freisetzung der Neuropeptide, insbesondere von Substanz P, aus den Nervenenden. Die Zunahme der Konzentration an Substanz P bewirkt die Erregung lokaler Nozizeptoren und führt so zum Schmerz. Darüber hinaus verstärkt Capsaicin lokal die neurogene Entzündung und erzeugt Hyperalgesie und Hyperämisierung.

Durch die wiederholte Applikation von Capsaicin werden die afferenten Nervenfasern desensibilisiert, die Reaktion auf irritierende Stimuli nimmt ab. Capsaicin blockiert auch den axonalen Transport von Substanz P und vermindert dessen Synthese. So entsteht ein analgetischer Effekt bei neuropathischen und muskulären Schmerzen. Capsaicin wird deshalb zur Behandlung der diabetischen Neuropathie, der Neuralgie nach Herpes zoster, der Osteoarthritis, der rheumatoiden Arthritis und der Trigeminusneuralgie verwendet.

Neuerdings wird es auch bei Hautleiden eingesetzt, die mit Juckreiz und Schmerz einhergehen. In eine placebo-kontrollierten Doppelblindstudie wurde bei 252 Patienten mit diabetischer Polyneuropathie und Dysästhesie eine 0,075Prozentige Capsaicin-Zubereitung 4mal/Tag über 8 Wochen auf die betroffenen Hautareale aufgebracht. Die Responderrate betrug in der Verumgruppe 69,5 Prozent, in der Plazebogruppe 53,4 Prozent. Eine Schmerzlinderung wurde in 38,1 Prozent bzw. 27,4 Prozent der Fälle erzielt. Eine Therapie mit Cremes, die 0,05 - 0,1 Prozent Capsaicin enthalten, ist auch nach vielen Monaten noch wirksam. Nebenwirkungen treten mit Ausnahme der initialen neurogenen Entzündung nicht auf. Nach Absetzen des Präparates bleiben keine Empfindungsstörungen zurück.

Arnikablüten, Arnikaöl

Zubereitungen aus den Blüten von Arnica montana und Arnica chamissonis spp. Foliosa besitzen entzündungshemmende und analgetische Wirkung. Halbfeste Fertigarzneimittel mit Arnikatinktur in Form von Gel oder Salbe sind für die Anwendung bei Prellungen, Zerrungen und Verstauchungen angezeigt, sie werden auch bei rheumatischen Muskel- und Gelenkschmerzen topisch angewendet. Als Wirksubstanzen gelten das Helenanin und seine Derivate, Helenanin hemmt die Aktivierung des Transskriptionsfaktors NF-KB, der ein zentraler Mediator der humanen Immunantwort ist.

Für Umschläge wird Arnikatinktur 3 bis 10fach mit Wasser verdünnt, Salben enthalten maximal 25 Prozent Tinktur oder 15 Prozent Arnikaöl. Die Risiken bei äusserlicher bestimmungsgemässer Anwendung sind gering. Bei häufiger Anwendung der unverdünnten Tinktur ist eine Sensibilisierung möglich, die sich in Form von allergischen Hautaus- schlägen, Juckreiz, Blasenbildung und Geschwüren bis zur Gangrän äussert. Bei äusserlicher Anwendung sehr hoher Konzentrationen kann primär eine toxische Bläschenbildung und eine Nekrotisierung auftreten. Bei der nicht ganz seltenen Allergie gegen Arnika oder andere Korbblütler ist die Anwendung daher kontraindiziert.

Senfmehl

Die reifen getrockneten Samen des weissen oder schwarzen Senfs und deren Zubereitungen enthalten Glukosinolate, zum Beispiel Sinalbin, aus dem beim Pulvern der Samen und Anreiben mit warmem Wasser Hydroxybenzylsenföl entsteht. Dieses wirkt hautreizend und hyperämisierend und kann so reflektorisch die Durchblutung tiefergelegener Körperschichten steigern, schmerzauslösende Substanzen können dadurch leichter abtransportiert werden.

Für Umschläge werden 4 EL Pulverdroge unmittelbar vor der Anwendung mit warmem Wasser verrührt. Sie bleiben bei Erwachsenen 10 bis 15 Min., bei Kindern 5 bis 10 Min. auf der Haut, bei empfindlicher Haut sollte die Anwendungsdauer reduziert werden. Bei Vorliegen von entzündlichen Nierenreizungen oder bei Kindern unter 6 Jahren sollte Senfmehl nicht angewendet werden. Bei langfristiger Anwendung besteht die Gefahr von Hautschäden.

Ätherisch-Öl-Drogen

Ätherisch-Öl-Drogen finden in Form von Salben, Linimenten, Pflastern und Badezusätzen Verwendung als hyperämisierende Mittel zur Behandlung rheumatischer Muskel- und Gelenkbeschwerden. Die ätherischen Öle (Eukalyptusöl, Kiefernnadelöl, Minzöl, Pfefferminzöl, Teebaumöl und Wacholderbeeröl) führen über eine Erweiterung der Blutgefässe zu einer Verbesserung der Durchblutung. Ein wirksamer Effekt der topischen Applikation ätherischer Öle im Skelettmuskel kann nur dann erwartet werden, wenn ihre Konzentration dort hoch genug ist für die Entfaltung ihrer spasmolytischen, entzündungshemmenden und analgetischen Eigenschaften. Es ist bekannt, dass einige der in den ätherischen Ölen enthaltenen Terpene die Cyclooxygenase und Lipoxygenase hemmen. Für einige ätherische Öle wird auch eine Blockade der zentralen Schmerzempfindung durch Stimulation afferenter Neurone angenommen.

PD Dr. med. Karin Kraft



 
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