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Montag, 28.05.2007      

Ihr Weg zu Harmonie und Lebensfreude
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Indianische Heilkunde


Traditionelle Medizinsysteme betrachten den Menschen ganzheitlich. Entgegen der modernen westlichen Medizin, die sich nur für Körper und Symptome interessiert, widmen sie sich Körper, Geist und Seele. Die Heilkunst der Indianer ist ein außerordentlich gutes Beispiel dafür. Eine Einführung.

Das Interesse an traditionellen und bewährten Therapieformen hat in jüngster Zeit deutlich zugenommen. Man scheint sich bewusst zu werden, dass die traditionellen Medizinsysteme etwas zu bieten haben, was die moderne westliche Medizin vermissen lässt, nämlich die ganzheitliche Betrachtung des Menschen.

Die Indianische Heilkunde ist dafür ein gutes Beispiel . Für viele Naturvölker ist es eine Selbstverständlichkeit, in grösseren Zusammenhängen zu denken und den Menschen als Ganzes, bestehend aus Körper, Geist und Seele, zu betrachten. So wird auch in der traditionellen Heilkunde der nordamerikanischen Indianer die enge Verbundenheit der Menschen mit den Pflanzen, Tieren, Gesteinen und Himmelskärpern, also dem ganzen Kosmos, deutlich. Dies erklärt den stark ausgeprägten Respekt der Indianer vor allen Lebewesen und ihrer Umwelt.

Darüber hinaus ist das Medizinalsystem und damit auch die Lebensphilosophie der traditionellen nordamerikanischen Indianer von der Einsicht geprägt, dass alle Teile des Universums von einer göttlichen Kraft beseelt sind. Diese Betrachtungsweise zeigt aber auch, dass Medizin, Kultur und Religion für die Indianer eng miteinander verbunden sind. So fliessen religiös anmutende Heilungszeremonien und medizinisches Heilen ineinander.

Für die traditionellen Indianer Nordamerikas ist Krankheit nicht ein isoliertes Geschehen , sondern eine Angelegenheit des ganzen Universums. Dementsprechend beschränkt sich die Heilung nicht allein auf den Menschen selbst, sondern sie bezieht sich auf den gesamten Kosmos. Hier wiederum zeigt sich das starke Harmoniedenken der Indianer. Während wir Mikroorganismen, wie Pilze, Bakterien oder Viren, oder aber Stoffwechselstörungen und zunehmend auch genetische Abweichungen als Krankheitsursachen ansehen, sind für die Indianer Krankheiten ein Zeichen dafür, dass der Betroffene mit seiner Umgebung ins Ungleichgewicht geraten ist. Eine Heilung kann also nur dadurch erfolgen, dass das Gleichgewicht zwischen Körper und Seele, Mensch und Umwelt sowie Mensch und Kosmos wieder hergestellt wird.

Von der modernen westlichen Schulmedizin unterscheidet sich die traditionelle indianische Heilkunde (wie auch viele andere traditionelle Medizinsysteme) auch darin, dass sie der Gesunderhaltung und Prävention einen grossen Stellenwert einräumt. So ernährten sich die Indianer ursprünglich sehr ausgewogen, das heisst fettarm, aber ballaststoff- und kohlenhydratreich. Hinzu kam ein tägliches Gesundheitstrainung, denn an Bewegung mangelte es ihnen nicht.

Somit ist es nicht verwunderlich, dass die Ureinwohner Amerikas bei guter Gesundheit waren . Bis zur Eroberung Amerikas durch die Europäer war ihre Lebenserwartung um ein Jahrzehnt höher als die der damaligen Europäer. Auch die für unsere heutige westliche Gesellschaft so typischen Zivilisationskrankheiten kannten die Ureinwohner Amerikas wenig bis gar nicht.

Die vielfältigen Funktionen der Medizinmänner
und -frauen

Die bei uns bekannten Bezeichnungen wie Schamane, Medizinmann oder -frau für die ganzheitlich orientierten indianischen Mediziner benützen die Indianer selbst weniger. Sie unterscheiden eher nach der Spezialisierung ihrer Mediziner in Heiler, Priester, Seher, Beschwörer, Heiliger Clown, Heiliger Mann usw. Dies spiegelt die vielfältigen Funktionen wider, die die Medizinmänner und -frauen einnehmen, beispielsweise als Magier, Künstler, Mythenerzähler, Priester, Psychotherapeuten, Soziologen, Lehrer und politische Führer. Sie besitzen ein grosses Wissen bezüglich psychologischer und spirituell-geistiger Zusammenhänge.

Alle Dinge in der Natur, sichtbare und unsichtbare (etwa Tiere, Pflanzen, Wolken, Winde, Gestirne), gelten als mögliche Quellen spiritueller Kraft, die sich die Heiler zunutze machen können, indem sie sich zum Beispiel in den Zustand der Trance versetzen. Aber auch im eigentlichen medizinischen Bereich sind die indianischen Mediziner seit altersher sehr erfahren. Beispielsweise waren sie schon sehr früh fähig, Wunden zu reinigen und zu nähen, Knochenbrüche zu richten, den Puls zu fühlen, Blut zu stillen und Schädeloperationen durchzuführen.

Sie kennen darüber hinaus die Heilkräfte einer grossen Anzahl von Pflanzen , die sie an speziell ausgewählten Orten sammeln. Dabei werden die benötigten Pflanzen nicht einfach gepflückt, sondern den Pflanzen wird erklärt, wozu man sie benötigt, und sie werden um die Erlaubnis gebeten, sie pflücken zu dürfen, "sonst hilft ihre Kraft nicht". Da nach indianischer Auffassung der Mensch nicht einfach nur nehmen darf, ohne zu geben, hinterlässt der Medizinmann dort, wo er Pflanzen oder Pflanzenteile sammelt, eine kleine Gabe, zum Beispiel etwas Maismehl, Tabak oder eine Münze.

Zum Medizinmann oder Schamane wird man berufen, sei es durch eine schwere Krankheit mit Todesnähe-Erfahrung oder durch Visionserfahrungen (durch Einsamkeit und Fasten). Aber auch die Fortführung der Familientradition kann manchmal für die Berufung zum Heiler ausreichen. Neben der Berufung bedarf es einer längeren Ausbildungszeit, bis die Medizinmänner und -frauen die Gesänge, Gebete, Mythen, Sandbilder, rituellen Handlungen auch nur für einige ausgewählte Heilungszeremonien erlernt haben.

Traditionellerweise wird das Wissen mündlich Übermittelt, auch wenn dazu heute moderne Kommunikationsmittel verwendet werden, das heisst, alle Gesänge (bis zu über 300 für eine Heilungszeremonie) müssen auswendig gelernt werden. Damit ist auch verständlich, dass kein Medizinmann alle Zeremonien beherrschen kann. In der Regel beschränkt sich seine Kenntnis auf ein oder zwei vollständige Zeremonien neben einigen anderen in Kurzform. So gibt es je nach Krankheit und benötigtem Ritual einen Spezialisten.

Mit Heilungszeremonien die Ursache einer Krankheit angehen

In der ganzheitlichen Sichtweise der Indianer wird die moderne westliche Medizin nicht abgelehnt, sondern ihr Wert in der Behandlung von Symptomen durchaus anerkannt. Die eigentliche Ursache einer Krankheit kann aber nach indianischer Auffassung nur durch eine anschliessende Heilungszeremonie angegangen werden. Diese Zeremonien und Rituale, an denen meist die ganze Familie, und oft auch einige Dorfbewohner und Verwandte teilnehmen, unterscheiden sich in den Details von Stamm zu Stamm. Gemeinsam ist ihnen die zugrundliegende Intension:

Die Heilenden treten mit den Geistwesen in Kontakt und bitten um Unterstützung in der Therapie. Auf Seiten des Patienten wird dabei nicht nur auf psychischer Ebene Einfluss genommen, sondern auch dessen Selbstheilungskräfte werden mobilisiert und das Immunsystem seines Körpers wird gestärkt. Wichtig für den Gesundungsprozess ist aber auch die Hoffnung des Patienten auf Heilung, sein Vertrauen in die Kunst des Arztes oder Heilers. Von zentraler Bedeutung ist die Bereitschaft des Patienten, an sich zu arbeiten und sein Verhalten zu ändern. Somit wird der Patient zum Handelnden und Mitverantwortlichen des Heilungsgeschehens. Bei manchen Stämmen sind Sandgemälde ein Bestandteil der Heilzeremonien (etwa bei den Navajo).

Ihre Funktion und Aufgabe ist es, den Heilungsvorgang zu unterstützen. Es werden Verbindungen zu Mythen aus der Vorzeit hergestellt, die dem Kranken helfen, einen Sinn in seiner Krankheit zu erfahren. Dies verhilft ihm dann zu einer Art innerem Frieden gegenüber seinen Beschwerden. Unmittelbar nach seinem zeremoniellen Einsatz wird das Sandgemälde zerstört, denn es ist nach indianischer Auffassung verboten, diese Bilder zu konservieren, damit sie im Laufe der Zeit nicht beschmutzt oder beschädigt werden.

Auch das Schwitzbad gehört zu den typischen indianischen Zeremonien. Es dient nicht nur der körperlichen Reinigung und Ertüchtigung oder der Behandlung bestimmter Krankheiten, sondern es ist auch ein religiöser und sozialer Akt. Ein Schwitzbad ist häufig die Einleitung zu einem Ritual, dient also auch einer geistigen und seelischen Reinigung und soll den Menschen zur †bereinstimmung mit sich selbst, mit anderen Menschen und mit den kosmischen Kröften führen. Dabei werden im Sinne einer Aromatherapie bestimmte Heilpflanzen, die flüchtige ötherische …le enthalten (Lebensbaum, Balsamtanne, Wacholder-Arten, Beifu§-Arten und andere), auf glühende Steine gestreut und mit hei§em Wasser übergossen.

Pflanzen: wesentlicher Bestandteil der indianischen Heilkunde

Man geht heutzutage davon aus, dass die Ureinwohner Nordamerikas ca. 3000 Pflanzenarten zu medizinischen Zwecken verwendeten. Daneben wurden weitere Tausende von Pflanzenarten als Nahrungsmittel, als Farbstoffe und zur Fasergewinnung genutzt. Neben dem Wissen um die Wirkungsweise der einzelnen Pflanzenzubereitungen wussten die Indianer sehr gut Bescheid Über den optimalen Erntezeitpunkt, die Lagerbedingungen oder darÜber, dassbei Lagerung der Wirkstoffgehalt mancher Pflanzen abnimmt.

Traditionelle indianische Medizin heute?

Es bleibt immer noch ein Geheimnis, mit welchen Methoden diese Völker eine solche Wissensmenge erarbeiteten und an ihre Nachkommen weitergaben. Dass die Auswahl der Pflanzen nicht willkürlich oder rein zuföllig war, zeigt die Selektivitöt, mit der Indianer die ihnen zur Verfügung stehenden Pflanzen nutzten. In den letzten Jahrzehnten konnte dieses traditionelle Wissen der Indianer mit Hilfe modernster wissenschaftlicher Methoden mehrfach bestötigt werden.

Bei den nordamerikanischen Indianern sind Pflanzen für die Frauenheilkunde ein Schwerpunkt ihrer Medizin. Es sind etwa 500 Pflanzenarten in ganz Nordamerika gezöhlt worden, die mindestens bei einem Volksstamm in der Frauenheilkunde verwendet werden. Bemerkenswert ist ausserdem die Verwendung von immunstimulierend wirkenden Arzneipflanzen bei Infektionskrankheiten wie Mandel- und Halsentzündungen, Husten, Erköltungen und fiebrigen Erkrankungen.

Leider fehlt heute den nord- und mittelamerikanischen Indianern oftmals die staatliche Unterstützung und der (finanzielle) Freiraum, ihre traditionelle Heilkunst auszuüben. Aufgrund der wirtschaftlichen Situation sind ausserdem immer weniger junge Indianer bereit, den langen Ausbildungsweg zu einem traditionellen Medizinmann auf sich zu nehmen. Obwohl sich die Situation zurzeit wieder bessert, besteht die Gefahr, dass dieses traditionelle Wissen langfristig in Vergessenheit gerät. Die in der Schweiz ansässige Stiftung "Wanblee wakan" hat es sich deshalb zum Ziel gesetzt, die traditionelle indianische Kultur zu fördern.

Dr. Beatrix Falch

Weiterführende Literatur:

Birgit Frohn, Heiner Uber, Xokonoschtletl, Medizin der Mutter Erde, Mosaik

H.J. Stammel, Die Apotheke Mannitous, Rowohlt

Rudolf Kaiser, Indianische Heilkunst, Herder

Lewis A. Mehl, Coyote Medizin, Knaur



 
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