natürlich GESUND
Freitag, 01.06.2007


Ayurveda – das Geheimnis vollkommener Gesundheit


Die Kultur- und Medizingeschichte der Menschen hat nicht im Westen, sondern im Osten begonnen. Erstaunlich ist, wenn man sich in diese Heilsysteme vertieft, wie umfassend, differenziert und fortschrittlich sie bereits von mehreren tausend Jahren waren. Im Ayurveda, der indischen Wiege der Medizin, ist Gesundheit der Zustand vollkommenen geistigen, körperlichen und seelischen Wohlergehens.

Bei allen Leistungen und Entwicklungen, welche die moderne westliche Schulmedizin erbrachte, haben sich doch auch ihre Mängel immer deutlicher bemerkbar gemacht (z.B. die Problematik chronischer, psychosomatischer und iatrogener, d. h. durch ärztliche Mittel verursachter Krankheiten, oder der raschen Kostenzunahme im Gesundheitswesen). Als Abbild einer technisierten, materialistischen Gesellschaft und Wissenschaft, hat sie oft die menschliche, geistige und ganzheitliche Dimension unserer Existenz und Gesundheit aus den Augen verloren.

Die technisch-industrielle Euphorie hat den Menschen und der Umwelt nicht nur wünschenswerte Ergebnisse gebracht. Eine Rückbesinnung auf ganzheitliche Sichtweisen des Lebens kann uns deshalb nur von Nutzen sein. In einer gegenseitigen Befruchtung oder Verbindung verschiedener Denk- und Heilsysteme liegt noch ungeahntes Potential zum Segen der Menschheit und Natur.

Ayurveda – indische Medizin und Wissenschaft vom Leben

Die östliche Heilkunst gründet auf einer ganzheitlichen, systemischen Sicht des Menschen. Sie macht keine Aufteilung in kranke und gesunde Körperzellen und –bezirke noch isolierte Behandlungen kranker Organe oder Körperteile. Jede Störung und Therapie wird in ihrer Wirkung auf das Ganze (= System) betrachtet. Wichtiger als der grobstoffliche physische Körper ist dabei immer das feinstoffliche energetische Regelsystem des Menschen, welches die Funktionen des Organismus belebt und lenkt. Und wichtiger noch als Heilen ist die Gesundheitserhaltung und Prävention durch Einsicht in die Ursachen von Krankheiten und in die Bedeutung einer natürlichen gesunden Lebensweise, die das ganze Spektrum menschlicher Existenz miteinbezieht.

„Ayurveda sieht die meisten Krankheitsursachen in einer Störung der Harmonie von Körper, Geist und Seele. Ziel jeder Therapie ist es deshalb, diese Homöostase wieder herzustellen. Und zwar durch die Vermittlung einer Einsicht in leiblich-geistig-seelische Zusammenhänge, durch Hinwendung auf eine naturgemässe Lebensweise, durch Neuordnung des beruflichen und familiären Lebenskreises, durch Erleichterung und Normalisierung des Stoffwechsels, durch Übung der automatischen Regulation und durch Anregung des Selbstheilungsbestrebens des menschlichen Körpers. Im Ayurveda ist der Kranke nicht Objekt, sondern Subjekt, das in der Behandlung selbst tätig wird.“ (aus: Theodor von Keudell: Das neue Ayurveda-Gesundheitsbuch)

Geschichte und Entwicklung des Ayurveda

Ayurveda, die indische 'Wissenschaft des Lebens', gründet auf einem Offenbarungs- und Erfahrungswissen, das weit in die vorchristliche Zeit zurückreicht (bis hin zum legendären Weisen und Gründer der ersten indischen Medizinschule. Atreya Punarvasu, der vom Götterkönig Indra unterwiesen oder inspiriert worden sein soll).

Älteste Texte sind im 'Atharveda' (= "Wissen von den Zaubersprüchen" ) in Form magischer Formeln und Rituale gegen Krankheiten wiedergegeben. Zwischen 1500 v. Chr. und 500 n. Chr. erfuhr der Ayurveda jedoch eine erstaunlich rationale Systematisierung und Differenzierung. Im siebten Jahrhundert v. Chr. zogen die medizinischen Lehrfakultäten der Städte Taxila, Kashi, Vidaha oder Nalanda Studenten vieler Länder an. Diese entwickelten und verbreiteten einen riesigen medizinischen Wissensschatz, der z. T. auch den griechischen und arabischen Kulturkreis beeinflusste.

Vom 5. bis 12. Jahrhundert bot die Universität von Nalanda im heutigen Bihar – wo das Studium des Ayurveda Pflichtfach war – den rund zehntausend Studenten und fünfzehnhundert Professoren 300 Hörsäle in acht grossen, mehrgeschossigen Gebäuden.
Unterkunft, Essen, Kleidung und Unterricht waren kostenlos und von Königen und wohlhabenden Kasten finanziert.

Die englische Kolonialherrschaft verbot und verdrängte Ayurveda. Er erhielt sich mehr im Untergrund und in der Meister-Schüler-Tradition, bis 1921 Mahatma Gandhi das Tibbit College für Ayurveda und Unani-Medizin in Delhi eröffnen konnte.

Heute gibt es in Indien etwa 55 staatliche und rund 70 private Universitäten und Lehrinstitutionen für Ayurveda. Jeder Universität ist ein Spital angegliedert. Etwa 300.000 Ayurveda-Ärzte praktizieren in Indien, ca. 100.000 davon haben an einer Universität abgeschlossen. Im Gegensatz etwa zur chinesischen Medizin ist Ayurveda in Europa und der Schweiz noch wenig verbreitet. Seit vielen Jahren wird Ayurveda aber in den Maharishi-Zentren (wie in Seelisberg) praktiziert und auch das Mahindra-Institut bietet in Deutschland und der Schweiz Ausbildungen und Kuren in Ayurveda an. Immer häufiger werden Ayurveda-Kuren zudem von Schweizern als Ferien-Pauschalarrangements in verschiedenen Bungalow- und Hotelanlagen in Indien und Sri Lanka gebucht.

Jahrtausende alte Erfahrungen und Tradition

Der Ayurveda enthält umfassende Texte zur Entstehung, Vermeidung und Behandlung von Krankheiten, gibt aber auch detaillierte Anleitungen für gesunden Häuserbau, Viehzucht, Pflanzenanbau, Diätpläne, Hygiene, Lebensgestaltung u.a. umfasst also das ganze Spektrum menschlicher Existenz.

Bereits vor 3000 Jahren wurden Krankheitsursachen sehr differenziert und umfassend beschrieben. So wurden genetische, vorgeburtliche Schädigungen, körperliche und psychische Konstitution oder Traumas, klimatische jahreszeitliche, geriatrische (altersspezifische) und diätetische Faktoren sowie feinstoffliche und spirituelle Aspekte von Krankheit und Gesundheit in die Diagnose und Therapie einbezogen. Man unterschied sogar bereits verschiedene medizinische Fachgebiete (Astanga-Ayurveda), ohne sich jedoch auf das eine oder andere zu spezialisieren: Allgemeine und Innere Medizin, Psychiatrie; Hals-/Nasen-/Ohren-/Augen-Heilkunde, Chirurgie, Toxikologie, Lehre des Alters-, Kinder-, Frauen- und Männerkrankheiten (Geriatrie, Paediatrie, Gynäkologie, Andrologie).

Klassiker der indischen Medizinliteratur

Zu den grossen Jahrtausende alten Werken, die noch heute studiert und verwendet werden, gehört z. B. der <Caraka-Samhita>, der auf Atreya und seinen Schüler Agnivesha zurückgeht und in acht Büchern fast die ganze Bandbreite der Medizin, Hygiene, Prophylaxe, Diätetik und Lebenskunde, der Pathologie, Diagnostik und Therapie mit der klassischen <Panchakarma> -Entschlackungsmethode oder rund 500 Rezepturen aus pflanzlichen mineralischen und tierischen Substanzen u. a. umreisst. Er beschreibt im dritten Buch auch, wie <<ýÜberbelastung, schlecht verdaute Nahrung, unregelmässige Betätigung, Unterdrückung der natürlichen und Ausleben der unnatürlichen Körperdränge, Befall von Mikroorganismen, giftige Winde (Luftverschmutzung), Feuer, Verletzungen, Einnahme von falscher Nahrung oder falschen Medikamenten sowie falsche medizinische Manipulation >> (H. Rhyner: <Ayurveda>) einem langen gesunden Leben abträglich sind.

Im vermutlich 3000 Jahre alten <Susruta-Samhita> zeigt sich, dass auch die Chirurgie bereits hoch entwickelt war (obschon sie nur dann eingesetzt wurde, wenn alle sanften Massnahmen nicht halfen). Mit vielerlei chirurgischen Instrumenten, welche modernen Instrumenten oft verblüffend ähnlich sehen, wurden einfachere, aber auch kompliziertere operative Eingriffe wie Amputationen, Hauttransplantationen u.a. durchgeführt, wobei pflanzliche Drogen zur Anästhesie und Asepsis verwendet wurden. Medizinstudenten übten die Eingriffe am Leichnam, doch der Buddhismus verbot solche Praktiken, was zum Niedergang der ayurvedischen Chirurgie bis in die heutige Zeit führte.

Konstitutions- und Energielehre

Ayurveda basiert auf der Konstitutionslehre – wie prinzipiell jede Naturheilmedizin (vgl. die vier Menschentypen nach dem römischen Arzt Galenus, die Konstitutions- oder Reaktionstypen nach Kretschmer / Bauer im 20. Jahrhundert oder auch die Arzneimittelkonstitutionstypen in Homöopathie). Diese besagt, dass eine Person entsprechend ihrer vererbten und erworbenen Konstitution körperlich und psychisch empfänglich ist für bestimmte Krankheiten. Die Berücksichtigung dieser individuellen Unterschiede ist für die Prävention, die Diagnose und für eine angemessene Therapie entscheidend.

Der Ayurveda hat zudem stets die psychischen Komponenten in Krankheitsprozessen, insbesondere bei chronischen, beachtet. Bei chronischen und psychosomatischen Krankheiten hat Ayurveda sich immer wieder erfolgreich gezeigt.

Dr. phil Peter Gilgen



Aufrufe dieser Seite: 453
Seiten-Generation dauerte 0.7030 Sekunden